FWA
2000 Spalte 1036f
WEU Westeuropäische Union, Western European Union, Union
de l'Europe occidentale
Sitz (Sekretariat): 4 rue de la Régence, B-1000 Brüssel
Tel.: (0032) 2-5004411, Fax: -5113270 Internet: http://www.weu.int
Gründung
am 23.10. 1954 im Rahmen der Pariser Verträge als kollektiver
Beistandspakt; in Kraft seit 6.5. 1955.
Die WEU verfügt über keine eigene militärische Organisation.
Ziele:
Sicherheit der Partner durch automatischen Beistand, »europäischer
Pfeiler« der NATO.
Heute ist die WEU de facto nur ein sicherheitspolitisches Konsultationsforum;
sie soll aber zur Verteidigungskomponente der Europäischen
Union (EU) ausgebaut werden.
Vollmitglieder
(zehn Staaten, die NATO- und EU-Mitglieder sind): Belgien, Deutschland,
Frankreich, Griechenland (seit 1995), Großbritannien, Italien,
Luxemburg, Niederlande, Portugal (seit 1989) und Spanien (seit 1989).
Assoziierte
Mitglieder (sechs NATO-Staaten, die nicht EU-Mitglieder sind):
Island, Norwegen und Türkei sowie seit 11.5. 1999 Polen, die
Tschechische Republik und Ungarn; sie sind den Vollmitgliedern nahezu
gleichgestellt.
Assoziierte
Partner (sieben mittel- und osteuropäische Staaten): Bulgarien,
Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien.
Beobachter
(fünf): Die EU-Staaten Dänemark (auch NATO-Mitglied),
Finnland, Irland, Österreich und Schweden.
Hauptorgane:
Der Rat der Außen- und/oder Verteidigungsminister tagt halbjährlich
und trifft die politischen Entscheidungen. Unterorgane sind das 1989
gegründete Institut für Sicherheitsstudien in Paris (Arbeitsaufnahme
1990) sowie das 1993 geschaffene Satellitenzentrum in Torrejón
de Ardoz (Spanien). Das Sekretariat in Brüssel untersteht dem
Generalsekretär José Cutileiro (Portugal), dessen
Amtszeit im November 1999 endet. Die in Paris halbjährlich tagende
WEU-Versammlung aus 115 Abgeordneten der zehn Vollmitglieder richtet
Empfehlungen an den Rat. Die Präsidentschaft hat Lluís
Maria de Puig (Spanien).
Personal:
Rund 200 in Brüssel, Paris und Torrejón.
Finanzierung
durch die zehn Vollmitglieder (Haushalt vertraulich).
Entwicklung:
Zahlreiche Versuche, die WEU zum »europäischer Pfeiler
der NATO« auszubauen, blieben erfolglos. Ihre angestrebte Rolle
im europäischen Krisenmanagement kann die WEU erst ausfüllen,
wenn die Einzelheiten ihrer geplanten Arbeitsteilung mit der NATO
abschließend geklärt sind und das Verhältnis zur EU
auf eine eindeutige Rechtsgrundlage gestellt ist. Der Vertrag von
Maastricht über die Europäische Union (7.2. 1992, in Kraft
am 1.11. 1993) sah zwar die Einbeziehung der WEU in die Zusammenarbeit
im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
der EU als »integraler Bestandteil der Entwicklung der Europäischen
Union« (Verteidigungskomponente der EU) vor. Doch auf dem EU-Gipfel
in Amsterdam vom 16./17.6. 1997 scheiterten Deutschland, Frankreich
und Belgien mit ihren weitreichenden Vorschlägen zur Einbindung
der WEU v.a. am Widerstand Großbritanniens und der neutralen
Staaten. Im Vertrag von Amsterdam, der am 1.5. 1999 in Kraft trat,
wird lediglich das Ziel bekräftigt, »die WEU stufenweise
zur Verteidigungskomponente der Europäischen Union auszubauen«.
Bislang wurde die WEU nur mit begrenzten Aufgaben betraut -
etwa mit der Entsendung von beratenden Polizeikontingenten nach Albanien,
Bosnien-Herzegowina und Mazedonien. Sie hat zwar begonnen, eine Strategieplanungs-
und Frühwarneinheit aufzubauen, doch sind die Mittel dafür
unzureichend. Das Satellitenzentrum verfügt nicht über genügend
Satelliten, um die gewünschte Aufklärungsarbeit zu leisten.
Die Notwendigkeit einer eigenständigen Europäischen Sicherheits-
und Verteidigungsidentität (ESVI) wurde auch auf dem Jubiläumsgipfel
der NATO vom 23.-25.4. 1999 in Washington hervorgehoben (NATO).
Auf der Ratstagung in Bremen am 10./11.5. 1999 verständigten
sich die (mit den assoziierten und Beobachterstaaten 28) Außen-
und Verteidigungsminister darauf, daß die Vorarbeiten für
eine Integration der WEU in die EU und der Herstellung einer gemeinsamen
militärischen Handlungsfähigkeit Europas (ESVI) Ende des
Jahres 2000 abgeschlossen sein sollten. Die Aufgaben der WEU im Bereich
der Konfliktverhütung und Krisenbewältigung (Petersberger
Aufgaben) sollen von der EU übernommen und neue Institutionen
für die Sicherheitspolitik geschaffen werden. Die im WEU-Vertrag
enthaltene militärische Beistandsverpflichtung wird auch künftig
nur für zehn EU-Staaten (ohne Dänemark, Finnland, Irland,
Österreich und Schweden) gelten, die derzeit der WEU angehören.
Dieser Schritt wurde vom EU-Gipfel in Köln am 3./4.6. 1999 bestätigt.
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