FWA
2000 Spalte 1273ff
Von den 130 Millionen km� eisfreier Landoberfläche der Erde
waren laut Welternährungsorganisation (FAO) 1994 32% von Forstflächen,
11% von Äckern und 26% von Weiden belegt. Zu den restlichen
31% gehören u.a. nicht landwirtschaftlich genutztes Grasland,
Feuchtgebiete sowie die menschlichen Siedlungen und Verkehrsinfrastrukturen.
Nach der
bisher einzigen weltweiten Untersuchung der Böden im Auftrag
des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) waren 1990 auf nahezu
15% der eisfreien Landoberfläche deutliche Degradationserscheinungen
zu beobachten, die durch den Menschen verursacht wurden. Betroffen
sind 38% des Ackerlandes, 21% des Dauergrünlandes und 18% der
Wälder und Savannen.
Der größte
Beitrag stammt dabei mit 56% von der Wassererosion, d.h. dem Abtrag
von Bodensubstanz durch Niederschlag und Fließgewässer.
28% der Schädigungen entstehen durch Winderosion, d.h. der Verlagerung
von Bodenmaterial durch Wind.
Durch
Wasser- und Winderosion zusammen gehen jährlich 75 Mrd. t Boden
verloren. Während sich in einem Jahr nur etwa 1-2 t Boden pro
Hektar neubilden, werden in Europa und den USA im gleichen Zeitraum
17 t, in Asien, Afrika und Südamerika sogar 30�40 t Boden pro
ha abgetragen. In vielen Regionen ist auf diese Weise in den letzten
150 Jahren die Hälfte des fruchtbaren Ackerbodens verloren gegangen.
Die Ursachen
der Bodendegradation sind kleinräumig variabel, treten häufig
gemeinsam auf und beeinflussen sich gegenseitig. Im globalen Durchschnitt
und stark vereinfachend ergibt sich folgendes Bild: Über 90%
der weltweiten Bodendegradation wird -- zu etwa gleichen Teilen --
durch Abholzung von Wäldern, Überweidung und nicht angepaßtem
Ackerbau verursacht.
Während
in den Industrieländern die Überdüngung, der Einsatz
schwere landwirtschaftlicher Maschinen beim Pflügen und der Einsatz
von Pestiziden verbreitete Probleme darstellen, sind in den Entwicklungsländern
vor allem Entwaldung und Überweidung von Bedeutung.
Ein instruktives
Beispiel für die Folgen der Entwaldung von Böden ist das
Schicksal der 'feuchtesten Stelle' der Erde. Das Bergdorf Mawsynram
im nordindischen Bundesstaat Meghalaya wurde 1994 von Meteorologen
als Ort mit der weltweit höchsten Niederschlagsmenge identifiziert
(12m pro Jahr). Trotz dieses Wassersegens ist die Region von einer
schweren Trinkwasserkrise bedroht. Der in den Sommermonaten niedergehende
Monsunregen wurde ursprünglich von den Böden eines dichten
Pinienwaldes aufgesogen und für die Trockenperiode von September
bis Februar gespeichert. Seit der Pinienwald jedoch bis auf 10% seines
ursprünglichen Bestands abgeholzt ist, wurde die dünne Humusschicht
rasch von den Sommerregen weggespült und es verblieben nur noch
wenig Nährstoffe für das Wachstum der Vegetation. Die Böden
sind heute stark degradiert, die Niederschläge werden schnell
weitertransportiert und die Grundwasserbildung in der Region verhindert.
Die Bewohner des wasserreichsten Dorfs der Erde müssen seitdem
in den Wintermonaten täglich einige Kilometer talabwärts
pendeln, um dort Trinkwasser zu kaufen.
Ein gut
dokumentiertes Beispiel für die Ursachen und Folgen der Überweidung
von Böden sind die indischen Graslandschaften. Die Viehhaltung
spielt in Indien traditionell und aus religiösen Gründen
eine große Rolle; die Zahl der Rinder ist mit mehr als 400 Mio.
etwa halb so groß wie die der menschlichen Bevölkerung.
Der Bedarf an Trockenfutter dieser Herde übersteigt jedoch die
Produktivität der indischen Graslandschaften um etwa das Vierfache.
Die Folge ist eine sich selbst verstärkende Überweidung
dieser wertvollen Böden und Ökosysteme: Wenn das Weideland
nicht genug Futter liefert, sind noch mehr Kühe erforderlich,
um die gleiche Menge Milch zu produzieren, was die Übernutzung
der Böden weiter erhöht. Zusätzlich wurde die Haltung
von Ziegen ausgeweitet, die die Wurzeln der Gräser abfressen
und dadurch die Situation verschlimmern. Bereits 1980 galten 80% der
Graslandschaften Indiens als schwer geschädigt. Am stärksten
betroffen von dieser Situation sind die zahlreichen von der Viehhaltung
lebenden Nomadenstämme, die insgesamt 6% der indischen Bevölkerung
ausmachen. Die Regierung hat kürzlich auf diese Situation reagiert
und ein Programm zum integrierten Management der Graslandschaften
eingerichtet.
Die Zunahme
der Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln kann bei gleichzeitig
nur leicht gebremsten Bevölkerungswachstum und Verschlechterung
der Bodenqualität zu einer ernsten Gefahr für die Zukunftsfähigkeit
der Nahrungsversorgung in den Entwicklungsländern werden. Eine
Studie des National Intelligence Council der USA von 1997 sagt beispielsweise
voraus, daß China im Jahre 2025 voraussichtlich 175 Mio t Getreide
vom Weltmarkt importieren muß, um den Bedarf einer wachsenden
Bevölkerung mit zusätzlich wachsender Pro-Kopf-Nachfrage
nach Fleisch decken zu können. Diese Menge erreicht fast die
heute weltweit exportierte Getreidemenge von 200 Mio t pro Jahr. Eine
solche Nachfrage könnte die Erzeugungskapazität der Exportländer
bei weitem übertreffen. Dies wiederum würde zu Engpässen
und steigenden Preisen auf dem Weltgetreidemarkt führen, von
dem vor allem die ärmsten Länder betroffen wären.
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