FWA 2000, Sp. 1282ff
Neben der Verschiedenheit aller Tier- und Pflanzenarten umfa�t der Begriff �Biologische Vielfalt� ebenso die Vielfalt der �kosysteme wie die Vielfalt der Sorten jeder einzelnen Spezies. Das Ziel des Erhalts der biologischen Vielfalt folgt zum einen aus der Anerkennung ihres Eigenwerts (Biodiversit�tskonvention), zum anderen gr�ndet es auf der Erkenntnis, da� die Vielfalt der Erscheinungsformen Grundvoraussetzung f�r die Stabilit�t der �kosysteme ist, von deren Leistungen letztendlich auch der Mensch abh�ngt. Nicht zuletzt stellt die Biodiversit�t auch eine �konomische Ressource dar, um deren Nutzung heute mehr denn je gestritten wird.
Trotz des Wissens um ihre zentrale Bedeutung setzt sich der Verlust an Biodiversit�t mit gro�er Geschwindigkeit fort.
Probleme und Ursachen
Seit Ende 1995 liegt erstmals eine umfassende, globale Einsch�tzung der biologischen Vielfalt vor. Der im Auftrag von UNEP erarbeitete Bericht geht f�r 1995 von 1,75 Mio. beschriebenen und wissenschaftlich benannten Arten aus. J�hrlich kommen etwa 12000 neue Arten hinzu. Am vielf�ltigsten sind die Insekten mit ca. 950000 Arten, gefolgt von den Pflanzen mit 250000 Arten. Selbst die Vielfalt von Spinnen, Weichtieren und Pilzen ist jeweils fast doppelt so gro� wie die der Wirbeltiere (45000 bekannte Arten). Bekannt ist jedoch nur ein Bruchteil aller Arten. Sch�tzungen f�r die Gesamtzahl liegen in der Gr��enordnung von 10 bis 100 Millionen und werden durch die Zahl der unbekannten Insektenarten dominiert.
Die globale Vielfalt an pflanzlichen und tierischen Lebensformen ist sehr inhomogen verteilt. Die feuchtwarmen tropischen Regenw�lder, die nur etwa 7% der Landfl�che bedecken, beherbergen bis zu 90% der an Land vorkommenden Artenvielfalt.
Sch�tzungen f�r den Artenverlust der n�chsten 50 Jahre liegen zwischen 10 und 50% der Gesamtartenzahl. Der t�gliche Artenverlust wird auf 70-300 Arten beziffert. Gegen�ber der nat�rlichen Aussterberate bedeutet dies eine Beschleunigung um den Faktor 1000-10000.
Das Ausma� der Bedrohung von S�ugetier-, Vogel- und Pflanzenarten ist mittlerweile durch zahlreiche Studien dokumentiert. Eine im August 1998 ver�ffentlichte Studie der Internationalen Naturschutz Union (IUCN) und des World Wide Fund for Nature (WWF) zeigt, da� etwa 8750 (entsprechend 10%) der weltweit bekannten Baumarten vom Aussterben bedroht sind. 77 Arten wurden nachweislich ausgerottet. Etwa 1000 Arten, von denen jeweils nur eine Handvoll Exemplare bekannt sind, befinden sich in �u�erst kritischem Zustand. F�r weniger als ein Viertel der bedrohten Baumarten gibt es bisher Schutzprogramme, nur 12% befinden sich in Schutzgebieten.
Auch innerhalb der Arten schwindet die Biodiversit�t. Betroffen sind davon nicht nur wilde, sondern auch die in der Forst- und Landwirtschaft genutzten Arten. Im Zuge der Verdr�ngung traditionell angebauter durch wenige Hochleistungssorten ist die Agrobiodiversit�t, d.h. die biologische Vielfalt auf �ckern und Reisfeldern erheblich zur�ckgegangen. In den USA gingen auf diese Weise in den letzten hundert Jahren 95% der Kohlsorten, 91% der Maissorten, 94% der Erbsensorten und 81% der Tomatensorten verloren. Von den 1949 in China kultivierten 10000 Weizensorten �berlebten nur 1000 die 70er Jahre. In Indien ging die Zahl der genutzten Reissorten von 30000 in den 50er Jahren auf heute nur noch 50 zur�ck. 90% der weltweiten Nahrungsmittelernte entfallen heute auf wenig mehr als 100 Pflanzenarten. Die Ursachen dieser Entwicklung sind vielf�ltig und reichen von einer Agrarpolitik, die einseitig auf Produktionswachstum setzt, �ber demographische Ver�nderungen bis hin zur Konzentration des Besitzes landwirtschaftlicher Fl�chen in den H�nden weniger.
Diese Entwicklung birgt enorme Gefahren f�r die Ern�hrungssicherheit, da der Verlust an genetischer Vielfalt die Anpassungsf�higkeit von Nutzpflanzen an ver�nderte Bedingungen wie Klimawechsel oder neue Krankheiten mindert.
Politische Massnahmen
Die bisher umfassendste Vereinbarung zum Schutz der biologischen Vielfalt ist das 1992 in Rio de Janeiro unterzeichnete �bereinkommen �ber die biologische Vielfalt (Biodiversit�ts-Konvention, CBD). Ziele der bis M�rz 1998 von 172 Staaten ratifizierten Konvention sind �ber die Erhaltung der biologischen Vielfalt hinaus die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile sowie die (zwischenstaatlich) ausgewogene Aufteilung der aus ihrer Nutzung resultierenden Vorteile (Gewinne).
Bei der 4. VSK in Cartagena (Kolumbien) im Februar 1999 gelang es den Vertretern von �ber 150 Staaten nicht, sich auf ein internationales Abkommen �ber die grenz�berschreitende Verbringung von gentechnisch ver�nderten Organismen (�Biosafety-Protokoll�) zu einigen. Mit dem Protokoll sollten international geltende Sicherheitsvorschriften beim Export und Import von GVO (gentechnisch ver�nderten Organismen), insbesondere schriftliche Genehmigungsverfahren und Kennzeichnungsregelungen beim Transport, festgelegt werden. Umstritten ist, ob Genehmigungspflicht und Sicherheitsvorschriften auch f�r Agrarmasseng�ter (wie gentechnisch ver�nderter Mais und Raps) gelten sollen, soweit diese zur Verarbeitung als Lebens- oder Futtermittel ausgef�hrt werden. Die gro�en Agrarexportl�nder USA, Kanada, Australien, Argentinien, Chile und Neuseeland, die sich in der sog. MIAMI Gruppe zusammengeschlossen haben, verlangten den Ausschlu� dieser Produkte. Ein Kompromi�vorschlag der EU unter deutscher Ratspr�sidentschaft wurde von der MIAMI-Gruppe abgelehnt und die Verhandlung des Protokolls vertagt. Mit einer Wiederaufnahme wird fr�hestens in 2000 gerechnet.
Im Rahmen des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES), das den Handel mit bedrohten Arten regelt, wurde anl�sslich der 10. VSK im Juni 1997 in Harare (Simbabwe) nach langen Debatten das Handelsverbot f�r Elfenbein gelockert.
Der 1971 unterzeichneten Ramsar-Konvention �ber Feuchtgebiete geh�ren heute 114 Staaten an. Ziel ist die Bewahrung und nachhaltige Entwicklung von weltweit insgesamt 977 Feuchtgebieten mit einer Gesamtfl�che von 71 Mio. ha. Die 7. VSK im Mai 1999 in San Jos� (Costa Rica) betonte die Bedeutung der Feuchtgebiete f�r den Schutz der S��wasserreserven, deren weltweiter R�ckgang zunehmend zu einem Umwelt- und Sicherheitsproblem wird. Au�erdem wurde eine Resolution angenommen, die zu einer raschen Erh�hung der Zahl der Ramsar-Gebiete auf ca. 2000 f�hren soll.
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