Aktuell
Staaten
Buch
CD-ROM
Wissensquiz
Bücher Tauschbörse


Links


FAQ





Archivrubriken Staaten - Umwelt - Internationale Organisationen - Deutschland, Österreich, Schweiz - Wirtschaft



Umwelt: Gen-Food

FWA 2000 Spalte 1285f

»Gen-Food«

Die Gentechnik ist ein Teilgebiet der Biotechnologie. Sie ermöglicht die gezielte Übertragung genetischer Information von einer Lebensform auf eine andere, die in der Regel nicht oder nur sehr selten in der Natur auftritt, oder die Modifikation von genetischer Information innerhalb einer Lebensform. Während bio- und gentechnologische Verfahren im Bereich der synthetischen Chemie und der Medizin (wie z.B. zur Herstellung von Insulin) mittlerweile auf breite Akzeptanz stoßen, ist ihre Anwendung im Lebensmittelbereich weiterhin umstritten.

Befürworter wie z.B. die Welternährungsorganisation (FAO) betonen das Potential bio- und gentechnologischer Verfahren zur Erzeugung von Nutzpflanzen, die resistent gegen Schädlinge und/oder Pestizide sind, die auch auf magersten und salzhaltigen Böden gedeihen oder schlichtweg höhere Hektar-Erträge erbringen. Insgesamt könnte damit die Lebensmittelversorgung einer wachsenden Bevölkerung und der Erhalt der Agrarökosysteme gleichzeitig sichergestellt werden. Kritiker betonen demgegenüber die unsicheren Folgen der Freisetzung transgener Pflanzen in die Natur und letztendlich in die Nahrungskette. Die Konsequenzen der ungewollten Übertragung der Gene auf andere Pflanzen und mögliche Gesundheitsfolgen des Verzehrs genmanipulierter Nahrungsmittel (z.B. die Auslösung von Allergien) seien noch weitgehend unerforscht. Ein weiterer Kritikpunkt sind die sozialen und ökologischen Folgen der Anwendung von Gentechnik im Landwirtschaftssektor von Entwicklungsländern: Zum einen würde dadurch die Vielfalt der traditionell angebauten Sorten weiter reduziert; zum anderen würden die Bauern in hohem Maße von der Agroindustrie abhängig werden, da das Saatgut jedes Jahr neu - und meist in Verbindung mit eigens dafür entwickelten Pflanzenschutzmitteln - gekauft werden muß.

Ungeachtet dieser Debatte entwickelt sich die globale Anbaufläche für transgene Nutzpflanzen sprunghaft von weniger als 2 Mio. ha 1996 auf das Fünfzehnfache 1998 (27,8 Mio. ha). Nur 8 Länder sind für diese Entwicklung verantwortlich, drei Viertel der Anbaufläche liegen in den USA. Kanada , die USA und Argentinien zusammen stehen für 99% der Anbaufläche. Auf mehr als der Hälfte dieser Fläche (52%) wurden herbizidresistente Sojabohnen angebaut, daneben waren insektenresistenter Mais (24%), herbizidresistenter Raps (9%) und herbizidresistenter Mais (6%) von Bedeutung. Der Weltmarkt für genmanipulierte Agrarprodukte hat sich von 75 Mio. US-$ 1995 auf 1,2-1,5 Mrd. US-$ 1998 um den Faktor 20 vergrößert; er könnte bis zum Jahr 2010 auf 20 Mrd. US-$ anwachsen.

Mit der Einführung von insektenresistentem Mais in Frankreich und Spanien (auf insgesamt etwa 20000 ha) wurden 1998 erstmals transgene Pflanzen in Europa in nennenswertem Umfang angebaut.

Gleichzeitig hat die Ablehnung genmanipulierter Lebensmittel durch die Verbraucher erheblich zugenommen. In Großbritannien wuchs der Anteil der Gegner von 38% 1997 auf über 50% Ende 1998. In Frankreich liegt der Anteil der Gegner bei 64%, in Deutschland wuchs er zwischen Februar und Dezember 1998 von 70 auf 81% - der höchste Prozentsatz in ganz Europa. Einige Unternehmen der Lebensmittelbranche reagieren auf diesen Trend, indem sie z.B. Soja komplett aus ihrem Sortiment nehmen oder durch Alternativen ersetzen, weil sie keine Garantie für gentechnikfreie sojahaltige Zutaten geben konnten. Mitte Mai 1999 trat in der Europäischen Union die »Novel-Food-Verordnung« in Kraft, die den Umgang mit neuartigen Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten regeln soll. Sie umfaßt eine Kennzeichnungspflicht für Produkte mit Eigenschaften, die meßbar von denen 'konventioneller Produkte' abweichen. Aufgrund der unklaren Durchführungsbestimmungen und der zahlreichen Ausnahmregelungen wird die Verordnung von Verbraucherverbänden scharf kritisiert.


Zurück


 

Aktuelle Informationen zu diesem und allen übrigen Themen des ARCHIVS finden Sie im Fischer Weltalmanach 2002 und im Digitalen Fischer Weltalmanach 2002.