FWA 2000, Sp. 54
Die Entwicklung in der Russischen F�deration (RF) ist im Berichtszeitraum 1998 / 99 gepr�gt von einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise, der faktischen Zahlungsunf�higkeit der RF, drei Regierungswechseln, zahlreichen Umbesetzungen in der Pr�sidialverwaltung und bei Staatsunternehmen, einem Pr�sidenten, der gesundheitlich und politisch so schwach wie nie zuvor ist, sowie Korruptionsskandalen und Finanzaff�ren, in die auch (ehem.) Regierungsmitglieder, Mitarbeiter der Pr�sidialverwaltung sowie Pr�sident Boris Jelzin und seine Familie direkt verwickelt sein sollen.
Innenpolitik
Regierung Primakow: Nachdem die Staatsduma am 31.8. 1998 und am 7.9. in offenen Abstimmungen die Ernennung des seit 23.8. gesch�ftsf�hrenden Regierungschefs Viktor Tschernomyrdin zum neuen Ministerpr�sidenten ablehnt, verzichtet dieser auf eine erneute Kandidatur. Am 11.9. best�tigt die Staatsduma mit 317 gegen 63 Stimmen bei 15 Enthaltungen den bisherigen Au�enminister und fr�heren Leiter des Auslandsgeheimdiensts Jewgenij Primakow als neuen Ministerpr�sidenten, der sich f�r eine grunds�tzliche Fortsetzung der Wirtschaftsreformen ausspricht; es m��ten jedoch soziale Aspekte Vorrang vor einer strikten, auf die Senkung der Inflationsrate ausgerichteten Geldpolitik haben. In der von Pr�sident Jelzin bis Anfang Oktober ernannten neuen umstrukturierten Regierung, der nur noch zwei Liberale und mehrere Minister des vorherigen Kabinetts angeh�ren, erhalten Kommunisten f�hrende Posten. Neuer Au�enminister wird Igor Iwanow, der bisherige Stellvertreter Primakows. Im Amt bleiben u.a. Verteidigungsminister Igor Sergejew, Innenminister Sergej Stepaschin, Finanzminister Michail Sadornow, Privatisierungsminister Farit Gasisullin und Justizminister Pawel Krascheninnikow.
An den landesweiten Demonstrationen und Kundgebungen gegen die wirtschaftliche und soziale Notlage am 7.10., zu denen die Kommunistische Partei (KP) und die Gewerkschaften aufgerufen hatten, beteiligen sich nach Angaben des Innenministeriums nur 615000 Menschen; die Gewerkschaften hatten 28 Mio. Teilnehmer angek�ndigt, die KP 40 Mio. Gefordert wird v.a. der R�cktritt von Pr�sident Jelzin und die Auszahlung der z.T. seit Monaten ausstehenden L�hne und Renten. Am Vortag hatte Ministerpr�sident Primakow angek�ndigt, die Regierung habe Ma�nahmen zur Normalisierung der Lebensumst�nde der Bev�lkerung getroffen, und u.a. allen Angestellten des �ffentlichen Sektors die Auszahlung ausstehender Geh�lter versprochen.
Das Verfassungsgericht entscheidet am 5.11., da� Pr�sident Jelzin bei den Pr�sidentschaftswahlen 2000 nicht mehr kandidieren darf; seine derzeitige Amtszeit sei die zweite und damit letzte. Diese noch vor Monaten heftig umstrittene Frage hat angesichts Jelzins sehr schlechtem Gesundheitszustand ihre Brisanz v�llig verloren.
Am 7.11. 1998, dem 81. Jahrestag der Oktoberrevolution, nehmen landesweit nur rund 150000 Menschen an den Kundgebungen teil, darunter etwa je 8000 in Moskau und St. Petersburg; die erwarteten Massendemonstrationen bleiben aus.
Die mutma�lich politisch motivierte Ermordung der landesweit bekannten Politikern Galina Starowojtowa, Mitbegr�nderin der Reformbewegung Demokratisches Ru�land und Abgeordnete der Staatsduma, am 20.11. in St. Petersburg l�st eine Welle der Emp�rung �ber die zunehmende Kriminalit�t und scharfe Kritik an der herrschenden Gesetzlosigkeit aus. �ber 10000 Menschen, darunter alle (ehem.) Ministerpr�sidenten, nehmen am 24.11. an der Beisetzung teil.
Der am 4.3. 1999 als Exekutivsekret�r der GUS entlassene Boris Beresowskij, der prominenteste der sog. �Oligarchen�, einer kleinen Gruppe politisch einflu�reicher Financiers und Gro�unternehmer, kehrt am 18.4. aus Frankreich nach Moskau zur�ck, um sich den Ermittlungsbeh�rden zu stellen; er soll Auslandseink�nfte der Luftfahrtgesellschaft Aeroflot veruntreut haben. Zuvor hatte die Generalstaatsanwaltschaft den am 6.4. gegen ihn wegen des Verdachts auf Geldw�sche und illegaler Gesch�ftst�tigkeit erlassenen Haftbefehl aufgehoben. Im Machtkampf zwischen Ministerpr�sident Primakow und Beresowskij, der enge Beziehungen zur Familie von Pr�sident Jelzin haben soll, hatte der Regierungschef Anfang Februar mehrere Firmen, die zum Imperium des Unternehmers geh�ren, von Staatsanwaltschaft und Inlandsgeheimdienst u.a. wegen des Verdachts auf finanzielle Unregelm��igkeiten und Steuerhinterziehung durchsuchen lassen.
Der F�derationsrat lehnt am 17.3. und am 21.4. erneut die von Pr�sident Jelzin beantragte Entlassung von Generalstaatsanwalt Jurij Skuratow ab. Am 22.6. erkl�rt das Oberste Gericht die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den von Jelzin am 2.4. unter rechtlich fragw�rdigen Umst�nden vom Dienst suspendierten Generalstaatsanwalt wegen Amtsmi�brauchs f�r rechtm��ig. Im Mittelpunkt der Anschuldigungen stehen vom staatlichen Fernsehsender RTR am 17.3. ausgestrahlte Videoaufnahmen, die Skuratow kompromittieren (Sex-Skandal). Der Generalstaatsanwalt hatte nach dem Amtsantritt von Ministerpr�sident Primakow im Zusammenhang mit Korruption und Finanzaff�ren Ermittlungen u.a. gegen hohe Beamte der Pr�sidialverwaltung und Personen im engeren Umfeld von Pr�sident Jelzin und dessen Familie eingeleitet und am 1.2., unmittelbar bevor er unter dem Druck einflu�reicher Politiker und Unternehmer �aus gesundheitlichen Gr�nden� seinen R�cktritt einreichte, der Zentralbank Unregelm��igkeiten bei der Verwaltung der W�hrungsreserven und von Staatsverm�gen vorgeworfen. Die Zentralbank lie� jahrelang einen Teil ihrer W�hrungsreserven von einer kleinen Offshore-Finanzgesellschaft auf der britischen Kanalinsel Jersey verwalten, u.a. um die H�he der W�hrungsreserven zu manipulieren und um die Mittel dem Zugriff ausl�ndischer Gl�ubiger zu entziehen.
Nach Zeitungsberichten von Ende August sollen in einen Korruptionsskandal um ein Schweizer Bauunternehmen, das hohe Beamte der Pr�sidialverwaltung, darunter Pavel Borodin, der Leiter der Immobilienabteilung des Kremls, bestochen haben soll, um staatliche Auftr�ge wie die Renovierung verschiedener Geb�ude im Kreml und des Parlamentgeb�udes, zu erhalten, auch Pr�sident Jelzin und seine T�chter Tatjana Djatschenko und Jelena Okulowa direkt verwickelt sein.
Regierung Stepaschin
Am 12.5. 1999 entl��t Pr�sident Jelzin Ministerpr�sident Primakow und dessen Kabinett und ernennt den bisherigen Innenminister Stepaschin zum gesch�ftf�hrenden Regierungschef. Der Regierung Primakow sei es nicht gelungen, die schwere Wirtschaftskrise zu �berwinden. Die Staatsduma best�tigt am 19.5. 1999 mit 301 gegen 55 Stimmen den von Jelzin nominierten Stepaschin als neuen Ministerpr�sidenten; zahlreiche Abgeordnete enthalten sich der Stimme oder bleiben der Abstimmung fern. In der von Pr�sident Jelzin zwischen 21.5. und 31.5. ernannten neuen Regierung sind Kommunisten auf wichtigen Posten nicht mehr vertreten. 14 Minister behalten ihre �mter, darunter Au�enminister Iwanow, Verteidigungsminister Sergejew, Justizminister Krascheninnikow, Wirtschaftsminister Schapowaljanz und die f�r Sozialpolitik zust�ndige stellv. Ministerpr�sidentin Matwijenko. Die Kabinettsumbildung war von einem Machtkampf um die wirtschafts- und finanzpolitisch wichtigen Posten gekennzeichnet.
Der ehem. Ministerpr�sident Tschernomyrdin wird am 30.6. zum Aufsichtsrats-Vorsitzenden von Gazprom, dem weltweit gr��ten Erdgasproduzenten, gew�hlt (38,37 % der Aktien in Staatsbesitz).
Die von der KP initiierte und seit Monaten diskutierte Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Pr�sident Jelzin scheitert am 15.5. in der Staatsduma, da in keinem der f�nf Anklagepunkte die erforderliche Zweidrittelmehrheit aller 450 Abgeordneten erreicht wird; die Zustimmung liegt bei offener Abstimmung zwischen 236 und 284 Stimmen. Die Abgeordneten der Partei �Unser Haus Ru�land� des ehem. Ministerpr�sidenten Tschernomyrdin und die Liberaldemokraten bleiben den Abstimmungen fern. Jelzin waren u.a. vorgeworfen worden: Verfassungsbruch im Zusammenhang mit der Aufl�sung der UdSSR am 8.12. 1991, gewaltsame Aufl�sung des Volksdeputiertenkongresses im Oktober 1993, Tschetschenien-Krieg (1994-96), Schw�chung der Verteidigungsf�higkeit des Landes durch Verringerung der Streitkr�fte.
Regierung Putin
Pr�sident Jelzin entl��t am 9.8. 1999 Ministerpr�sident Stepaschin und ernennt Wladimir Putin, seit 25.7. 1998 Leiter des F�deralen Sicherheitsdiensts FSB, der wichtigsten Nachfolgeorganisation des ehem. KGB, und seit 29.3. 1999 auch Sekret�r des Nationalen Sicherheitsrats, zum gesch�ftsf�hrenden Regierungschef. Die Staatsduma best�tigt am 16.8. mit 232 gegen 84 Stimmen bei 17 Enthaltungen Putin als neuen Ministerpr�sidenten, der f�nfte binnen 18 Monaten. In dem neuen, nur auf sehr wenigen Posten ver�nderten Kabinett wird Jurij Tschaika, der am 29.7. von seinem Amt als gesch�ftsf�hrender Generalstaatsanwalt entbunden worden war, neuer Justizminister. Der ehem. KGB-Auslandsagent Putin, wie sein Vorg�nger Stepaschin ein loyaler Gefolgsmann Jelzins und dessen Wunschkandidat als Nachfolger im Pr�sidentenamt, verspricht die Schaffung von Ordnung und Disziplin, die St�rkung der Verteidigungsf�higkeit des Landes und die Durchf�hrung freier und fairer Wahlen.
Parteien
Moskaus B�rgermeister Jurij Luschkow verbietet einen f�r den 19.12. 1998 in der Hauptstadt geplanten Parteitag der gr��ten und am besten organisierten rechtsradikalen, nur auf lokaler Ebene registrierten Partei �Russische Nationale Einheit� (RNE); die Zahl der RNE-Mitglieder wird landesweit auf rund 12000 gesch�tzt. Am 19.4. 1999 ordnet das Gericht des Moskauer Stadtbezirks Butyrski die Aufl�sung der regionalen RNE-Gruppe wegen verfassungswidriger T�tigkeiten an.
Der Vorsitzende der an Einflu� verlierenden Partei �Unser Haus Ru�land�, der ehem. Ministerpr�sident Tschernomyrdin, setzt am 24.12. 1998 die Abl�sung seines Kritikers Schochin, ein gem��igter Reformer, als Fraktionsvorsitzender in der Staatsduma durch. Auf einem Parteitag Ende April 1999 wird Tschernomyrdin als Parteivorsitzender best�tigt.
Die von Moskaus B�rgermeister Luschkow ins Leben gerufene nationalistisch-zentristische Partei Vaterland (Otetschestwo) und die von anderen einflu�reichen Pr�sidenten bzw. Gouverneuren von F�derationssubjekten gegr�ndete, ideologisch nicht gebundene Bewegung �Ganz Ru�land� (Wsja Rossija), deren Gr�ndungskongresse am 19.12. 1998 bzw. Mitte Mai 1999 stattfinden, verst�ndigen sich am 3.8. auf die Bildung des Wahlb�ndnisses �Vaterland - Ganz Ru�land�; Spitzenkandidat dieses Wahlblocks bei den Wahlen zur Staatsduma am 19.12. ist der popul�re ehem. Ministerpr�sident Primakow. Sowohl Luschkow als auch Primakow gelten als aussichtsreiche Bewerber bei den Pr�sidentschaftswahlen im Juli 2000. Auf einem Parteitag der Agrarpartei beschlie�en die Delegierten am 27.8. 1999 mit 252 gegen 115 Stimmen, das B�ndnis mit der KP zu verlassen und sich dem Wahlblock �Vaterland - Ganz Ru�land� anzuschlie�en.
Der fr�here Ministerpr�sident Stepaschin erkl�rt am 21.8. seine nach seiner Absetzung als Regierungschef begonnenen Verhandlungen zur Bildung eines von ihm angef�hrten rechtszentristischen Wahlb�ndnisses aus den Parteien bzw. Bewegungen aller ehem. Ministerpr�sidenten ausgenommen Primakow f�r gescheitert. Am 24.8. k�ndigen die Bewegung �Neue Kraft� des fr�heren Regierungschefs Kirijenko und die Bewegung �Rechte Sache� der Reformer Boris Nemzow, Irina Chakamada und Fjodorow die Bildung des Wahlblocks �Union der Rechten Kr�fte� an, ein Sammelbecken von derzeit 16 Parteien und Bewegungen.
Wirtschaft, W�hrung, Soziales
Die sich seit Herbst 1997 zuspitzende Finanzkrise erreichte am 17.8. 1998 mit der Freigabe des Rubels und der Einstellung des Schuldendienstes auf in Rubel denominierte Staatsanleihen mit F�lligkeiten bis Ende 1999 ihren vorl�ufigen H�hepunkt: Die RF ist faktisch zahlungsunf�hig. Mit der Abwertung des Rubels und dem Zusammenbruch der inl�ndischen Finanzm�rkte endete abrupt die bisher l�ngste Stabilisierungsphase seit dem Zusammenbruch der UdSSR, alle Hoffnungen auf eine beginnende wirtschaftliche Erholung wurden zunichte gemacht.
Der seit 1990 andauernde R�ckgang des realen BIP, z.T. mit zweistelligen Jahresraten, setzte sich 1998 mit einem R�ckgang der gesamtwirtschaftlichen Aktivit�ten um 4,6 % fort (1. Halbjahr 1999: -3 %). Die Industrieproduktion, verringerte sich 1998 um 5,2 % (1. Halbjahr 1999: +3,1 %; 1990-1998: -53,8 %). Die landwirtschaftliche Produktion ging nach einer schlechten Ernte, u.a. eine Folge von D�rre und �berschwemmungen, um 12,3 % zur�ck. Die Arbeitslosenquote liegt seit April 1999 bei 14,2 %. Die Inflationsrate stieg im September 1998 als Folge der Rubelabwertung sprunghaft an; Ende 1998 lag sie bei 84,4 % (Jahresdurchschnitt 1998: 27,8 %). Die soziale Lage weiter Bev�lkerungskreise hat sich seit August 1998 erneut deutlich verschlechtert. Die Bev�lkerung b��te im Zuge der durch Abwertung und Umstrukturierung von Staatsanleihen ausgel�sten Bankenkrise erhebliche Ersparnisse ein. Das verf�gbare Realeinkommen lag im ersten Halbjahr 1999 um 25,6 % unter dem entsprechenden Vorjahreszeitraum (6 / 1999: -22,9 %). Nur die traditionelle Selbstversorgung mildert die Versorgungsengp�sse. Im 1. Halbjahr 1999 lag das Einkommen von 51,7 Mio. Personen (rund 35 % der Bev�lkerung) unter dem Existenzminimum von monatlich 872 Rbl (rd. 35 US- $); die reale Rente lag im Mai 1999 um 48,6 % unter dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Allerdings findet ein Gro�teil der wirtschaftlichen Aktivit�ten in der Schattenwirtschaft statt. Der Anteil der Tauschgesch�fte im Binnenmarkt soll auf 85 % des Gesamthandels gestiegen sein.
Die Lohnr�ckst�nde, die am 1.10. 1998 mit 88 Mrd. Rbl ihren bisher h�chsten Stand erreicht hatten, betrugen am 1.7. 1999 59 Mrd. Rbl (-33 % gegen�ber 1.10. 1998; -23 % gegen�ber 1.1. 1999); davon entfallen 25 % auf den �ffentlichen Dienst und 75 % auf staatliche und private Unternehmen. Die R�ckst�nde bei den Renten lagen Ende Juli 1999 bei 6,9 Mrd. Rbl (-70 % gegen�ber 1.10. 1998).
Die Zahlungsmoral ist weiterhin schlecht. Die Steuerschulden der Unternehmen betrugen am 1.4. 1999 239 Mrd. Rbl. Die stark zunehmenden Gesamtverbindlichkeiten gro�er und mittlerer Unternehmen und Institutionen beliefen sich am 1.4. auf 3110 Mrd. Rbl, davon 1416 Mrd. Rbl �berf�llige Verbindlichkeiten von 72120 Unternehmen.
Die Wirtschaft wird zunehmend von der organisierten Kriminalit�t durchdrungen. Nach Sch�tzungen der Moskauer Staatsanwaltschaft werden etwa die H�lfte aller wirtschaftlicher Aktivit�ten von mafiaartigen Vereinigungen kontrolliert, darunter Staatsbetriebe, Aktiengesellschaften und Banken. Auch Korruption ist weit verbreitet.
Der von Staatsduma und F�derationsrat am 5.2. mit 308 gegen 58 Stimmen bei sechs Enthaltungen bzw. am 17.2. mit 130 gegen 18 Stimmen bei drei Enthaltungen gebilligte und von Pr�sident Jelzin am 22.2. unterzeichnete f�derale Staatshaushalt 1999 sieht Einnahmen von 474 Mrd. Rbl und Ausgaben von 575 Mrd. Rbl vor; die dem Etatentwurf zugrunde liegenden Annahmen in bezug auf BIP-R�ckgang, Inflationsrate und Rubelkurs sind jedoch unrealistisch. Zudem sieht der Budgetentwurf f�r die Bedienung der Auslandsschulden nur 9,5 Mrd. US- $ vor (f�llig 1999: 17,5 Mrd. US- $ ohne privaten Sektor), und neue internationale Finanzhilfen von rund 9 Mrd. US- $ werden vorab als Einnahmen verbucht. IWF, Weltbank und bilaterale Geber haben aber im Zuge der Finanzkrise im August 1998 ihre Finanzhilfen ausgesetzt. Der Zugang zu den internationalen Kapitalm�rkten ist weitgehend verschlossen.
Trotz Vertrauensbruchs und Zweifeln in bezug auf Reformwillen bzw. Durchsetzungsf�higkeit der Regierung bewilligt der IWF, dessen Verhalten gegen�ber der RF seit langem mehr politischen als wirtschaftlichen Kriterien unterliegt, am 28.7. einen binnen 17 Monaten auszuzahlenden Beistandskredit von 3,3 Mrd. SZR (4,5 Mrd. US- $). Eine erste Tranche von 471 Mio. SZR wird sofort freigegeben; die Mittel werden jedoch nicht nach Moskau �berwiesen, sondern direkt zur Bedienung f�lliger Verbindlichkeiten der RF gegen�ber dem IWF verwendet. Als Vorleistung f�r die Wiederaufnahme der vor einem Jahr ausgesetzten Finanzhilfe hatte die Staatsduma im Rahmen eines mit dem IWF am 28.4. grunds�tzlich vereinbarten Wirtschaftsprogramms mehrere Gesetze, die zu einer Erh�hung der Staatseinnahmen beitragen sollen, und ein Gesetz zur Umstrukturierung des schwer angeschlagenen Bankensektors verabschiedet. Nach Angaben von Interfax haben bis 1.7. 1999 sieben der ehemals 25 gr��ten Banken ihre Lizenz verloren; weitere f�nf k�nnen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Die Weltbank, die Mitte Juli der Wiederaufnahme ihre im Zuge der Finanzkrise suspendierten Auszahlungen von Kredittranchen f�r Reformen der sozialen Sicherungssysteme (250 Mio. US- $) und f�r die Umstrukturierung des Kohlesektors (400 Mio. US- $) zugestimmt hatte, gibt am 29.7. auch die Fortsetzung der Strukturanpassungshilfen (bis Ende 2000: 1,2 US- $) bekannt. Der IWF-Kredit macht zudem den Weg frei f�r offizielle Umschuldungsverhandlungen mit den im Pariser Club zusammengeschlossenen Gl�ubigerstaaten und den im Londoner Club zusammenfa�ten westlichen Gl�ubigerbanken, gegen�ber denen im Zusammenhang mit den Auslandsverbindlichkeiten der ehem. UdSSR (39 bzw. 32 Mrd. US- $) Zahlungsr�ckst�nde bestehen. Der Pariser Club gesteht am 1.8. der RF als Interimsl�sung eine Umstrukturierung des zwischen August 1998 und Ende 2000 f�lligen Schuldendienstes f�r die Altschulden zu (8,1 Mrd. US- $); erst im Herbst 2000, d.h. nach den Pr�sidentschaftswahlen, sollen Verhandlungen �ber die von der RF angestrebte umfassende Umschuldung der Auslandsverbindlichkeiten aufgenommen werden.
Ein am 6.8. auf Druck des IWF ver�ffentlichter Untersuchungsbericht einer internationalen Wirtschaftspr�fungsgesellschaft �ber die Finanztransaktionen zwischen der Zentralbank und ihrer Tochtergesellschaft Financial Management Company (Fimaco) auf der britischen Kanalinsel Jersey, einer Steueroase, best�tigt u.a., da� die Zentralbank den IWF Mitte 1996 bewu�t falsch �ber die H�he der W�hrungsreserven informierte, um die m�gliche Verschiebung der Auszahlung von Kredittranchen zu verhindern, und da� die Zentralbank 1,2 Mrd. US- $ �ber die Fimaco in hochverzinslichen kurzfristigen russischen Staatsanleihen (GKO) investierte.
Vor dem Hintergrund eines Geldw�sche-Skandals, bei dem �ber die Konten von zwei US-Banken �ber 15 Mrd. US- $ geflossen sein sollen und in den nach Behauptung der Zeitung USA Today nicht nur die Mafia, sondern auch (ehem.) russische Regierungsmitglieder sowie Pr�sident Jelzins Tochter Tatjana verwickelt sein sollen, beauftragt der IWF Ende August eine internationale Wirtschaftspr�fungsgesellschaft, die Offshore-Aktivit�ten der russischen Zentralbank zu untersuchen. Nach Angaben von IWF und US-Regierung gibt es bisher keine Beweise f�r die Veruntreuung von Geldern des IWF oder des US-Nahrungsmittelprogramms.
Die drastische Abwertung des Rubels, die zu einer Importsubstitution f�hrte, und die h�heren Weltmarktpreise f�r Erd�l und Erdgas f�hrten im 1. Halbjahr 1999 zu einer gewissen Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage, allerdings auf einem extrem niedrigen Niveau. Der Rubel verlor zwischen 17.8. 1998 und M�rz 1999 gegen�ber dem US- $ rund 75 % seines Werts; infolge administrativer Beschr�nkungen der Rubel-Konvertibilit�t und St�tzungsk�ufen der Zentralbank ist der Wechselkurs des Rubels seither relativ stabil (24-25 Rbl je US- $). Die Kapitalflucht, die auf kumuliert bis zu 200 Mrd. US- $ gesch�tzt wird und gegen die bisher keine effektiven Ma�nahmen ergriffen wurden, h�lt an. Angesichts der bevorstehenden Wahlen zur Staatsduma (17.12. 1999) und der Pr�sidentschaftswahl (Juli 2000) sind unpopul�re, aber notwendige Ma�nahmen zur �berwindung der Wirtschaftskrise wenig wahrscheinlich.
Kommunalwahlen in St. Petersburg
Bei den von zahlreichen Manipulationen gekennzeichneten und von Gewalttaten �berschatteten Wahlen zum Stadtparlament von St. Petersburg am 6.12. 1998 und den Stichwahlen am 20.12. (Wahlbeteiligung 40,6 % bzw. 31,8 %) k�nnen sich erneut die demokratisch und marktwirtschaftlich orientierten Kr�fte durchsetzen: Der Wahlblock des Reformpolitikers Jurij Boldyrew erh�lt 15 der 50 Mandate und der Reformblock Jabloko des liberalen �konomen Grigorij Jawlinskij 8; auf die KP, die landesweit gr��te Partei, entfallen nur 5 Sitze. Unabh�ngige Bewerber erringen 20 Mandate.
Der ehem. B�rgermeister von St. Petersburg (1991-96), Anatolij Sobtschak, gegen den wegen Bestechung und Amtsmi�brauchs ermittelt wird, kehrt Mitte Juli 1999 nach fast zweij�hrigem Exil in Frankreich nach St. Petersburg zur�ck.
Menschenrechte
Das Verfassungsgericht untersagt am 2.2. 1999 die Verh�ngung der Todesstrafe bis auf weiteres. Bis zum 3.6. wandelt Pr�sident Jelzin per Dekret alle Todesurteile in lebenslange oder langj�hrige Haftstrafen um. Im Oktober 1998 gab es nach Angaben des Justizministeriums 839 zum Tode Verurteilte. Die Abschaffung der seit August 1996 aufgrund eines von Jelzin verh�ngten Moratoriums nicht mehr vollstreckten Todesstrafe ist angesichts der zunehmenden Kriminalit�t umstritten. Pr�sident Jelzin fordert am 6.8. 1999 die Staatsduma auf, das die Europ�ische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten erg�nzende sechste Zusatzprotokoll zur Abschaffung der Todesstrafe zu ratifizieren. Die RF hatte sich vor ihrer Aufnahme in den Europarat am 28.2. 1996 zur Abschaffung der Todesstrafe binnen drei Jahren verpflichtet.
Die Staatsduma billigt am 18.6. 1999 ein von der Regierung zur Entlastung der chronisch �berf�llten Gef�ngnisse eingebrachtes Gesetz, das eine Amnestie f�r rund 94000 H�ftlinge vorsieht. In den ber�chtigten �berf�llten Gef�ngnissen sitzen derzeit �ber eine Million H�ftlinge unter menschenunw�rdigen Bedingungen.
Hochverratsprozesse
In St. Petersburg beginnt am 20.10. 1998 ein Hochverratsproze� gegen den ehem. Kapit�n der Nordmeerflotte und Umweltsch�tzer Alexander Nikitin; er soll in einem Bericht der norwegischen Umweltorganisation Bellona �ber die potentiellen Risiken der radioaktiven Verschmutzung der Region durch die Nordmeerflotte Milit�rgeheimnisse verraten haben. Ausgemusterte Atom-U-Boote wurden in der Barentssee versenkt oder lagern auf der Halbinsel Kola unter freiem Himmel.
Das Milit�rgericht der Pazifikflotte in Wladiwostok verurteilt am 20.7. 1999 den wegen Hochverrats angeklagten Fregattenkapit�n und Umweltsch�tzer Grigorij Pasko wegen Amtsmi�brauchs zu drei Jahren Haft; da Pasko bereits seit November 1997 in Untersuchungshaft sitzt, wird er auf der Grundlage eines Amnestiegesetzes sofort auf freien Fu� gesetzt. Der Reporter der Milit�rzeitung Bojewaja Wachta (Kampfeswacht) hatte �ber die Umweltskandale der russischen Pazifikflotte berichtet und japanische Medien bei Recherchen �ber die Verklappung von Atomm�ll und Munition auf offener See unterst�tzt.
Situation der Streitkr�fte
Nach Angaben von Pr�sident Jelzin vom 28.12. 1998 wurde die Truppenst�rke der Streitkr�fte wie geplant auf 1,2 Mio. Soldaten reduziert. Die Armeereform komme jedoch nur sehr langsam voran, und die Finanzierung der Armee stelle weiterhin ein Problem dar. Am 15.11. hatte der Gouverneur von Krasnojarsk, der ehem. General Alexander Lebed, vor den sozialen Folgen der Armeereform gewarnt; die entlassenen Armeeangeh�rigen h�tten weder Wohnung noch Geld noch Ausbildung.
Wegen der knappen Finanzmittel hat sich der Zustand der Streitkr�fte 1998 erneut verschlechtert. Es fehlt u.a. an Ersatzteilen, neuen Waffen und Ausr�stung sowie Nahrungsmitteln; Soldaten und Offiziere warten z.T. seit Monaten auf ihren Sold. Die Zahl der Deserteure und die Selbstmorde von Soldaten und Offizieren sowie Disziplinlosigkeit, Willk�r, Mi�handlungen und Korruption nehmen zu.
Au�en- und Sicherheitspolitik
USA: Der Besuch von US-Pr�sident Bill Clinton vom 1.-2.9. 1998 in Moskau ist von der schweren Finanzkrise und dem innenpolitischen Machtkampf um den neuen Ministerpr�sidenten �berschattet. Pr�sident Jelzin verspricht eine grunds�tzliche Fortsetzung der marktwirtschaftlichen Reformen, jedoch sei vor�bergehend eine st�rkere Rolle des Staats in der Wirtschaft erforderlich. Clinton sichert weitere Unterst�tzung f�r den Reformproze� in der RF zu, sagt aber keine Finanzhilfen zu. Die am 2.9. von den Pr�sidenten Clinton und Jelzin unterzeichneten beiden Abkommen �ber die Vermeidung von Zwischenf�llen mit nuklearen Waffen beinhalten u.a. den Austausch von Fr�hwarnungen �ber Raketenstarts; beide Seite verpflichten sich zudem, je 50 t Plutonium f�r die Herstellung von Waffen unbrauchbar zu machen. Der Besuch von US-Au�enministerin Madeleine Albright vom 25.-26.1. 1999 in Moskau steht im Zeichen von Meinungsverschiedenheiten v.a. in bezug auf die Krise im Irak, die Beilegung des Konflikts im Kosovo, R�stungskontrolle und die Politik gegen�ber dem Iran. Trotz des massiven Drucks der USA wird die RF das Kernkraftwerk Bushehr (Iran) fertigstellen.
Die von den Pr�sidenten Clinton und Jelzin am 20.6. in K�ln vereinbarten neuen Gespr�che �ber atomare und konventionelle Abr�stung werden vom 18.-20.8. in Moskau aufgenommen. Vertreter beider Staaten bekr�ftigen ihren Willen zu einer weiteren Verringerung der strategischen Atomwaffen. Voraussetzung f�r Verhandlungen �ber ein neues Abkommen zur weiteren Verringerung der Zahl der strategischen atomaren Gefechtsk�pfe beider Seiten (START-III) ist jedoch die Ratifizierung des 1993 unterzeichneten und 1996 von den USA ratifizierten START-II-Vertrags durch die Staatsduma.
Japan
W�hrend des Aufenthalts von Keizo Obuchi vom 11.-13.11. 1998 in Moskau, dem ersten offiziellen Besuch eines Ministerpr�sidenten Japans seit 1973, wird die Absicht beider Staaten bekr�ftigt, bis 2000 einen Friedensvertrag zu unterzeichnen. Der Territorialkonflikt um vier ehemals japanische, 1945 von der UdSSR besetzte Inseln (�s�dliche Kurilen�), die Japan beansprucht, hat bisher den Abschlu� eines Friedensvertrags, der auch formal den Zweiten Weltkrieg zwischen den beiden Staaten beenden w�rde, verhindert.
VR China
W�hrend ihres sechsten Gipfeltreffens verabschieden der Staats- und Parteichef der VR China, Jiang Zemin, und Pr�sident Jelzin am 23.11. 1998 in Moskau eine gemeinsame Deklaration �ber den Verlauf der rund 4300 km langen chinesisch-russischen Grenze; die Demarkation der 55 km langen gemeinsamen Westgrenze sei abgeschlossen. Im Mittelpunkt des Besuchs des chinesischen Ministerpr�sidenten Zhu Rongji vom 24.-27.2. 1999 in Moskau steht der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen; die strategische Partnerschaft soll gefestigt werden.
Indien
Ministerpr�sident Primakow, der vom 21.-22.12. 1998 anstelle des erkrankten Pr�sidenten Jelzin nach Delhi reist, schl�gt zu Beginn seines Aufenthalts die Bildung einer strategischen Allianz zwischen der VR China, Indien und der RF vor, die Frieden und Stabilit�t in der Region sichern soll. Unterzeichnet werden u.a. ein Abkommen �ber die Erweiterung und Verl�ngerung der milit�risch-technischen Zusammenarbeit bis zum Jahr 2010 sowie mehrere Vereinbarungen im wirtschaftlichen Bereich; die Handelsbeziehungen sollen ausgebaut werden. Indien ist der gr��te R�stungskunde der RF; etwa 75 % der Ausr�stung der indischen Arme kommt aus der RF oder wird in Indien in russischer Lizenz hergestellt.
Ukraine
Staatsduma und F�derationsrat ratifizieren am 25.12. 1998 bzw. 17.2. 1999 mit 244 gegen 30 Stimmen bzw. mit 106 gegen 25 Stimmen bei 17 Enthaltungen den am 31.5. 1997 unterzeichneten und vom Parlament der Ukraine am 14.1. 1998 ratifzierten russisch-ukrainischen Vertrag �ber Freundschaft, Zusammenarbeit und Partnerschaft. Darin anerkennen und achten die RF und die Ukraine die staatliche Souver�nit�t und die territoriale Integrit�t des jeweils anderen Staats; beide Seiten verzichten auf Gewalt und deren Androhung. Damit gibt die RF endg�ltig alle Anspr�che auf die Halbinsel Krim und den Hafen Sewastopol auf. Am 18.6. 1999 ratifiziert die Staatsduma mit 260 gegen 19 Stimmen bei einer Enthaltung die drei mit der Ukraine am 28.5. 1997 unterzeichneten Abkommen zur Aufteilung der ehem. sowjetischen Schwarzmeerflotte und der mit ihr verbundenen Infrastruktureinrichtungen sowie zu den Stationierungsbedingungen des russischen Teils der Flotte in der Ukraine.
Kosovokonflikt
Wegen der bevorstehenden NATO-Luftangriffe auf Serbien bricht Ministerpr�sident Primakow in der Nacht auf den 24.3. 1999 seinen Flug in die USA ab und kehrt nach Moskau zur�ck. Regierung und Parlament lehnen den NATO-Milit�reinsatz im Kosovo ab und fordern wiederholt die sofortige Einstellung der NATO-Luftangriffe; sie setzen auf eine politische L�sung. Die RF ist traditionell mit den Serben verbunden. Der von Pr�sident Jelzin am 14.4. zu seinem Sonderbeauftragten f�r den Balkan ernannte ehem. Ministerpr�sident Tschernomyrdin bem�ht sich um eine politische L�sung des Konflikts. Am 11.6., einen Tag nach der Aussetzung der NATO-Luftangriffe auf Jugoslawien und einen Tag vor dem Beginn der Verlegung erster NATO-Truppen in den Kosovo, treffen �berraschend rund 200 russische Soldaten auf dem Flughafen von Pristina ein. Eine zwischen Vertretern von NATO und RF am 5.7. erzielte Einigung �ber die Rolle der russischen Soldaten in der internationalen Kosovo-Friedenstruppe (KFOR) sieht u.a. vor, da� das russische Kontingent von 3616 Personen, dessen Entsendung der F�derationsrat am 25.6. ohne Gegenstimmen billigte, auf die Sektoren der USA, Deutschlands und Frankreichs aufgeteilt wird und die RF das Kommando �ber den Flughafen von Pristina erh�lt; f�r die Kontrolle des Flugverkehrs ist jedoch die NATO zust�ndig. Die RF konnte sich mit ihrer Forderung nach einem eigenen Sektor nicht durchsetzen. Die Beziehungen zur NATO, die von Pr�sident Jelzin am 24.3. unmittelbar nach dem Beginn der NATO-Luftangriffe auf Serbien suspendiert worden waren, werden am 23.7. mit einem Treffen des St�ndigen Gemeinsamen NATO-Ru�land-Rats auf Botschafterebene wieder aufgenommen; vereinbart werden gemeinsame Anstrengungen zur Verbesserung der Sicherheitslage im Kosovo.
F�derationssubjekte im Nordkaukasus
Die Sicherheitslage in den zur RF geh�renden Republiken im Nordkaukasus gibt wegen weit verbreiteter Gewaltt�tigkeit weiterhin Anla� zu Besorgnis. In Tschetschenien und den angrenzenden Republiken, v.a. in Dagestan, kommt es im Berichtszeitraum 1998 / 99 regelm��ig zu Gewalttaten und Entf�hrungen, darunter russische Regierungsvertreter und Soldaten sowie Ausl�nder. Hintergrund sind neben gew�hnlicher Kriminalit�t Machtk�mpfe verschiedener Clans und bewaffneter, autonom agierender Gruppierungen, ethnische und religi�se Rivalit�ten, territoriale Konflikte und die �u�erst schwierige wirtschaftliche Situation. Im August 1999 spitzt sich die Lage im Nordkaukasus zu.
Tschetschenien
Die Lage in der wirtschaftlich zerr�tteten, nach Unabh�ngigkeit strebenden Republik Tschetschenien ist gekennzeichnet durch Gewalt und Kriminalit�t sowie einem innenpolitischen Machtkampf zwischen dem gew�hlten, als gem��igt geltenden Pr�sidenten Aslan Maschadow, der nur Teile der Republik kontrolliert, und Feldkommandanten, v.a. Schamil Bassajew und Salman Radujew, die beide durch blutige Geiselnahmen im Juni 1995 bzw. im Januar 1996 w�hrend des Tschetschenien-Kriegs (1994-96) bekannt wurden. Entf�hrungen, meist zur Erpressung von L�segeld, sind an der Tagesordnung. Nach UN-Angaben sollen sich Mitte 1999 rund 800 Personen in Geiselhaft befinden, darunter zwei Ausl�nder.
Pr�sident Maschadow entl��t am 1.10. die gesamte Regierung und die Leiter aller staatlichen Beh�rden und Organisationen.
Der am 29.9. in Dschochar-Chala (ehem. Grosny) verschleppte Leiter der Wirtschaftsabteilung der russischen Vertretung in Tschetschenien, Akmal Saidow, wird am 3.10. an der tschetschenisch-inguschetischen Grenze ermordet aufgefunden. Ein am 29.1. in Wladikawkas, der Hauptstadt Nordossetiens, verschleppter franz�sischer Mitarbeiter des UNHCR wird am 12.12. im Grenzgebiet zwischen Tschetschenien und Inguschetien von einem russischen Sonderkommando befreit.
Das Parlament verh�ngt am 15.12. f�r zun�chst einen Monat den Ausnahmezustand �ber Tschetschenien; die von Pr�sident Maschadow im Kampf gegen die zunehmende Kriminalit�t am 12.12. angeordnete Teilmobilmachung der Streitkr�fte wird vom Parlament abgelehnt.
Unter dem Druck seiner innenpolitischen Widersacher ordnet Pr�sident Maschadow am 3.2. 1999 per Dekret die umfassende Einf�hrung des islamischen Rechts (Scharia) an; Parlament und Muftirat, die religi�se Aufsichtsbeh�rde, sollen die Gesetzgebung anpassen und eine neue Verfassung ausarbeiten. Der am 9.2. von Gegnern Maschadows gebildete islamische Rat (Schura), der sich als oberstes Regierungsorgan versteht, w�hlt Mitte Februar Bassajew zu seinem Vorsitzenden.
Die Entf�hrung des Repr�sentanten des russischen Innenministeriums in Tschetschenien, Generalmajor Gennadij Schpigun, auf dem Flughafen von Dschochar-Chala am 5.3. f�hrt zu einer Zuspitzung der Lage: Am 7.3. werden alle in Tschetschenien noch verbliebenen Mitarbeiter der russischen Regierung und der Pr�sidialverwaltung abgezogen und in die nahegelegene nordossetische Stadt Mosdok, den Standort einer gro�en russischen Milit�rbasis, gebracht. Zudem werden die Truppen des russischen Innenministeriums im Nordkaukasus in erh�hte Alarmbereitschaft versetzt. Auch in Nordossetien werden die Sicherheitsvorkehrungen versch�rft.
Pr�sident Maschadow entgeht am 21.3. einem weiteren Bombenanschlag im Zentrum von Dschochar-Chala unverletzt.
Der neuseel�ndische Delegierte des Internationalen Komit�es vom Roten Kreuz (IKRK), Geraldo Cruz Ribeiro, der am 15.5. in Naltschik, der Hauptstadt der zur RF geh�renden und bisher als relativ sicher geltenden Republik Kabardino-Balkarien, verschleppt worden war, wird am 20.7. von russischen und inguschetischen Einheiten befreit. Nach der Entf�hrung hatte das IKRK seine Aktivit�ten im Nordkaukasus suspendiert und vier seiner neun ausl�ndischen Delegierten von Naltschik nach Moskau verlegt; im September sollen auch die letzten ausl�ndischen IKRK-Delegierten aus Naltschik abgezogen werden.
Wegen der �berf�lle tschetschenischer Rebellen auf russische Posten in benachbarten Kaukasusrepubliken ordnet der Innenminister der RF, Ruschailo, am 3.7. Pr�ventivschl�ge gegen deren St�tzpunkte in der Grenzregion an. Zwei Tage darauf fliegen russische Soldaten erstmals seit dem Ende des Tschetschenien-Kriegs Angriffe gegen mutma�liche Rebellenst�tzpunkte in dieser Kaukasusrepublik.
Vor dem Hintergrund der K�mpfe in der Republik Dagestan bombardieren russische Streitkr�fte am 14.8. und 26.8. mutma�liche St�tzpunkte islamistischer Rebellen in Tschetschenien. Am 16.8. verh�ngt Pr�sident Maschadow den Ausnahmezustand.
Dagestan
Bei einem Sprengstoffanschlag am 4.9. 1998 in der dagestanischen Hauptstadt Machatschkala werden 17 Menschen get�tet und 58 weitere verletzt. Als Urheber und Hinterm�nner der seit Monaten zunehmenden terroristischen Aktivit�ten werden offiziell von der Nachbarrepublik Tschetschenien aus operierende extremistische Islamisten vermutet.
Der seit langem andauernde Kleinkrieg entlang der dagestanisch-tschetschenischen Verwaltungsgrenze eskaliert im August 1999. Mehrere hundert islamistische Rebellen aus Tschetschenien unter F�hrung der Feldkommandanten Bassajew und Chattab dringen am 7.8. nach Dagestan ein, besetzen im gebirgigen Westen dieser Vielv�lkerrepublik im Grenzgebiet zu Tschetschenien mehrere D�rfer in den Bezirken Botlich und Zumada und rufen am 10.8. einen unabh�ngigen islamischen Staat aus. Nach tagelangen Luft- und Artillerieangriffen der russischen Streitkr�fte und schweren K�mpfen, die auf beiden Seiten zahlreiche Tote und Verletzte fordern, ziehen sich die islamistischen Separatisten bis zum 24.8. wieder aus Dagestan zur�ck. Tausende von Zivilisten fl�chten aus dem Krisengebiet. Ab 30.8. kommt es in Dagestan erneut zu heftigen Gefechten zwischen russischen Streitkr�ften und tschetschenischen Rebellen.
Nordossetien
Bei einem Bombenanschlag am 19.3. 1999 auf den zentralen Markt in Wladikawkas, einem der wichtigsten russischen Milit�rst�tzpunkte im Nordkaukasus, werden �ber 50 Menschen get�tet und �ber 100 verletzt.
Inguschetien
Ende Oktober 1998 wird die Hauptstadt von Nasran in die neuerrichtete Stadt Magas (Stadt der Sonne) verlegt.
Karatschajewo-Tscherkessien
Die von massiven Wahlf�lschungen gekennzeichneten ersten Pr�sidentschaftswahlen im Mai 1999 werden vom Obersten Gericht der RF Ende Juli f�r ung�ltig erkl�rt. Um die Lage zu entsch�rfen ernennt Pr�sident Jelzin am 24.7. seinen fr�heren pers�nlichen Sonderbeauftragten f�r Tschetschenien, Wlassow, zum �bergangspr�sidenten. Am 30.7. demonstrieren Zehntausende von Anh�ngern des ehem. Generals Wladimir Semjonow, halb Karatschaier, halb Russe, und fordern dessen Ernennung zum Pr�sidenten. Bei den Stichwahlen am 16.5. soll sich dieser angeblich mit deutlicher Mehrheit gegen den Unternehmer und Tscherkessen Stanislaw Derew durchgesetzt haben.
Entwicklung in der GUS
Die Pr�sidenten von Kasachstan, Kirgisistan, Ru�land, Tadschikistan und Wei�ru�land (Gemeinschaft Integrierter Staaten / GIS), Nursultan Nasarbajew, Askar Akajew, Jelzin, Imomali Rachmanov und Aleksandr Lukaschenka, unterzeichnen am 26.2. 1999 in Moskau ein Abkommen �ber einen gemeinsamen Wirtschaftsraum; die GIS, die eine Zollunion bildet, war am 29.3. 1996 von vier Staaten der Gemeinschaft Unabh�ngiger Staaten (GUS) gegr�ndet worden, um die Integration im wirtschaftlichen und humanit�ren Bereich zu vertiefen.
Pr�sident Jelzin entl��t am 4.3. 1999 ohne Konsultation der anderen elf Staatschefs der GUS den umstrittenen Beresowskij als Exekutivsekret�r der GUS; er habe seine Vollmachten �berschritten. Bei einem Gipfeltreffen der Pr�sidenten der GUS-Staaten am 2.4. in Moskau wird keine Einigung �ber die Verl�ngerung des am 15.5. 1992 von sechs ehem. Sowjetrepubliken unterzeichneten Vertrags �ber kollektive Sicherheit, dem sich sp�ter drei weitere GUS-Staaten anschlossen, erzielt. Aserbaidschan, Georgien und Usbekistan lehnen eine Verl�ngerung des am 20.4. 1999 auslaufenden Vertrags ab. Die Moldau, Turkmenistan und die Ukraine waren dem milit�rischen Beistandspakts nie beigetreten. Neuer Exekutivsekret�r der GUS wird Jurij Jarow.
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