FWA
2001 Spalte 110f
Die politische Mobilisierung für vorgezogene Neuwahlen, die
im März 1999 begonnen hatte und von Oppositionsführerin
Khaleda Zia, ihrer Bangladesh Nationalist Party (BNP), zwei
islamistischen Parteien und der Jatiya Party des ehemaligen Militärherrschers
Mohammed Ershad koordiniert wird, führt zu wachsender
politischer Polarisierung. Der Regierung unter Premierministerin
Sheikh Hasina Wajed (Awami League/AL) werden hauptsächlich
ihre liberale Wirtschaftspolitik, ihre Bilanz beim Kampf gegen die
Korruption, die enge Anlehnung an Indien sowie willkürliche
Verhaftungen Oppositioneller zur Last gelegt. Tatsächlich stehen
in dem politischen Ringen Vertreter eines demokratischen, säkularen
und auf Modernisierung bedachten Staates einer Koalition aus Islamisten
und Würdenträgern der autoritären Vorgängerregierungen
gegenüber. Die politische Krise verursacht beträchtliche
ökonomische Kosten. Seit September 1999 kommt es wiederholt
zu mehrtägigen Generalstreiks und zahlreichen gewalttätigen
Auseinandersetzungen in Dhaka und drei weiteren Großstädten
des Landes, bei denen insgesamt 22 Personen getötet werden.
Am 8.10. wird auf eine Moschee in der Stadt Khulna ein Sprengstoffanschlag
verübt, der acht Menschenleben fordert. Premierministerin Hasina
erklärt daraufhin, keinesfalls vorzeitig zu demissionieren,
sondern wie geplant bis zum Ende der Legislaturperiode im Juni 2001
im Amt zu bleiben. Die Oppositionsparteien beginnen im November
einen unbefristeten Boykott der Parlamentssitzungen. Ab dem 15.2.2000
kommt es zu einem weiteren Generalstreik, mit dem die Opposition
die Verabschiedung und Unterzeichnung eines Anti-Terrorismus-Gesetzes
(Public Safety Act) verhindern will, das den Sicherheitskräften
weitreichende Sonderrechte einräumt und die Einrichtung von
Sondergerichten erlaubt. Die Regierung begründet die Notwendigkeit
dieser Gesetzesverschärfung mit der wachsenden Kriminalität
im Land. Am 28.7. beschuldigt die Premierministerin die Opposition,
am 20.7. einen Mordanschlag auf sie verübt zu haben. Menschenrechtsaktivisten
zeigen sich besorgt über einen möglichen Missbrauch der
neuen Gesetze, die in ähnlicher Form in der Regierungszeit
der heutigen Opposition vorübergehend gegolten hatten. Nach
gewalttätigen Unruhen an den Universitäten verhaftet die
Polizei am 16.7. Dutzende von islamistischen Studentenführern.
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