FWA
2001 Spalte 261f
Mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Schlusserklärung aller
Beteiligten enden am 17.7. 2000 in Berlin die mehr als eineinhalb
Jahre dauernden Verhandlungen über deutsche Entschädigungszahlungen
an einstige NS-Zwangsarbeiter. Damit kann die Stiftung »Erinnerung,
Verantwortung und Zukunft« ihre Tätigkeit aufnehmen;
die Auszahlung erster Entschädigungsleistungen an rd. 1,5 Mio.
Anspruchsberechtigte soll noch im Herbst 2000 erfolgen. An den Verhandlungen
beteiligten sich neben den Bevollmächtigten Deutschlands (seit
Juli 1999 der FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorff), der USA
(Staatssekretär Stuart Eizenstat) und fünf osteuropäischen
Staaten die Vertreter von Opfer-Organisationen und Anwälte
von Sammelklägern. In vier zentralen Punkten mussten schwerwiegende
Kontroversen überwunden werden.
Höhe
der Entschädigung: Nachdem ein erstes deutsches Angebot
über eine Gesamtsumme von 6 Mrd. DM am 7.10.1999 in Washington
von der Gegenseite zurückgewiesen wird, kommt es am 17.12.
zu einer Einigung auf 10 Mrd. DM, die je zur Häfte von der
öffentlichen Hand und der deutschen Wirtschaft aufgebracht
werden sollen.
Verteilung:
Am 23.3.2000 einigen sich die beteiligten Parteien auf einen Verteilungsschlüssel:
8,25 Mrd. DM werden für einmalige Zahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter
bereitgestellt, die 5000 DM bzw. 15000 DM (im Fall von sog. Sklavenarbeitern
in Konzentrationslagern) erhalten sollen; 1 Mrd. DM sind für
den Ausgleich von Vermögensschäden (Enteignungen und Arisierungen)
bestimmt; 700 Mio. DM werden in einen Zukunftsfonds für Projekte
der Generationen- und Völkerverständigung eingebracht.
Über die einzelnen Zahlungen entscheiden Opferverbände
vor Ort und Stiftungen in Polen, Tschechien, Russland, Ukraine,
und Weißrussland.
Gesetzliche
Grundlage: Am 6.7.2000 verabschiedet der Bundestag mit großer
Mehrheit das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung »Erinnerung,
Verantwortung und Zukunft«; der Bundesrat billigt es am 14.7.
einstimmig.
Rechtssicherheit:
Am 17.7. unterzeichnen Regierungsvertreter der USA und Deutschlands
in Berlin ein Abkommen, in dem sich die US-Regierung verpflichtet,
den Gerichten im Fall von anhängigen oder künftigen Sammelklagen
gegen deutsche Firmen mit Rücksicht auf die außenpolitischen
Interessen eine Abweisung zu empfehlen. Mangelnde Rechtssicherheit
gilt einem Teil der deutschen Unternehmen, die Zwangsarbeiter unter
dem NS-Regime beschäftigten, als Grund, sich nicht an dem Fonds
der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft zu beteiligen,
aus dem 5 Mrd. DM bereitgestellt werden sollen. Bis Mitte August
sagen 3727 Unternehmen insgesamt 3,2 Mrd. DM zu.
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