FWA
2001 Spalte 323f
Gegenseitige Solidaritätsbekundungen und Hilfsbereitschaft
nach schweren Erdbeben im August und September - am 7.8.
und 7.9.1999 kommen im Großraum Athen insgesamt mehr als 200
Menschen ums Leben - verändern das gespannte griechisch-türkische
Verhältnis, das mit der Öcalan-Affäre erst
im Frühjahr auf einem Tiefpunkt angelangt war. Griechenland
rückt von der Obstruktionspolitik gegenüber der Türkei
ab: Es verzichtet im September 2000 auf das Veto, mit dem es bisher
Finanzleistungen der EU an die Türkei zur Erleichterung ihrer
Anpassung an die Zollunion blockierte, und stimmt der Aufnahme der
Türkei in den Kreis der EU-Beitrittskandidaten zu (Beschluss
des EU-Gipfels am 10.12.). Ministerpräsident Simitis
erhält dafür im Gegenzug von der Türkei das Versprechen,
einen Spruch des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag zu akzeptieren,
wenn der bilaterale Konflikt über Hoheitsrechte in der Ägäis
bis zum Jahr 2004 nicht auf dem Verhandlungsweg beigelegt ist. Als
historisch werden die gegenseitigen Besuche der beiden Außenminister
gewertet, die ersten seit 38 bzw. 40 Jahren. Georgios Papandreou
(in Ankara am 20./21.1.2000) und Ismail Cem (in Athen am
3./4.2.) unterzeichnen zahlreiche bilaterale Abkommen zur Förderung
der Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur,
Umwelt und des Tourismus und sowie zur Bekämpfung illegaler
Einwanderung und des Terrorismus. Die zwischen beiden Staaten am
heftigsten umstrittenen Probleme, Souveränitätsfragen
in der Ägäis und die Teilung Zyperns, werden ausgeklammert.
Anfang Juni nehmen Streitkäfte beider Länder an der NATO-Übung
»Dynamic Mix 2000« teil, in dessen Rahmen türkische
und griechische Luftwaffen- und Marineeinheiten erstmals seit Jahrzehnten
im jeweils anderen Land eine Invasion üben.
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