FWA
2001 Spalte 364f
Das gravierendste innenpolitische Problem im ersten Amtsjahr des
neuen Staatschefs ist der sich zum Bürgerkrieg entwickelnde
religiöse Konflikt zwischen Christen und Moslems auf den Molukken.
Das jahrhundertelange friedliche Zusammenleben der beiden Religionsgemeinschaften
gerät vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Niedergangs
der Gewürzindustrie und der massiven Zuwanderung moslemischer
Siedler und Händler aus Java aus dem Gleichgewicht. Die Gewalt,
die offensichtlich ursprünglich von marginalisierten christlichen
Gruppen ausgeht, wird nach Informationen von Menschenrechtsgruppen
durch Militärkreise geschürt, die ein Interesse an der
Destabilisierung der neuen politischen Ordnung haben. Die Auseinandersetzungen,
die im Januar 1999 auf der Hauptinsel Ambon ihren Ausgang genommen
hatten, schnell aber auf die benachbarten Inseln Buru, Haruku, Seram,
Obi und Halmahera übergreifen, fordern bis zum August
4000 Todesopfer und Hunderttausende Flüchtlinge auf
beiden Seiten. Auch ein gemeinsamer Besuch von Wahid und
der christlichen Vizepräsidentin Megawati am 12.12.
kann die Eskalation nicht verhindern. Am 7.1.2000 fordern mehrere
hunderttausend Anhänger der so genannten Armee der Verteidiger
des Islams (LPI) bei einer Massendemonstration in der Hauptstadt
Jakarta ein entschiedeneres Vorgehen der Regierung. Für den
Fall weiterer Unruhen wird mit einem »heiligen Krieg«
gegen die dort lebenden Christen gedroht. Im Juni erreicht der Konflikt
eine neue Qualität, nachdem aus Java eingereiste extremistische
Muslim-Milizen tatsächlich einen »heiligen Krieg«
gegen die christlichen Gemeinschaften zu führen beginnen. Den
Sicherheitskräften wird dabei vorgeworfen, selbst entlang religiöser
Grenzen gespalten zu sein und auf beiden Seiten in die Kämpfe
verwickelt zu sein. Die Ankündigung der Regierung am 26.6.2000,
einen Teil der Armee- und Polizeikräfte auszutauschen, kommt
einem Eingeständnis gleich. Auswärtigen Gruppen wird die
Einreise nach Ambon verweigert und zugleich der Notstand
über die Molukken ausgerufen. Der Erzbischof von Ambon
fordert am 25.6. eine UN-Intervention, was von der Regierung jedoch
sofort zurückgewiesen wird.
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