FWA
2001 Spalte 395f
Nach dem Rückzug der ultra-orthodoxen Partei Vereinigtes Thora-Judentum
am 5.9.1999 kann sich die Regierungskoalition nur noch auf 68 der
120 Knesset-Abgeordneten stützen. Im September und Dezember
kommt es zu ersten Regierungskrisen über die Bildungspolitik
des Kabinetts. Dabei stehen sich der liberale Bildungsminister von
der Meretz-Partei, Yossi Sarid, und die ultra-orthodoxe Schas-Partei
gegenüber, die Finanzhilfen in Höhe von 230 Mio. DM für
den Ausbau ihrer Religionsschulen fordern. Am 13.3.2000 führt
erneut die Bildungspolitik zu einem Misstrauensantrag der Opposition
im Parlament. Likud hatte an einer Empfehlung von Erziehungsminister
Sarid Anstoß genommen, demzufolge im Schulunterricht
künftig auch Gedichte des bekannten palästinensischen
Autors Mahmoud Darwisch behandelt werden sollten. Die PNA
hatte gleichzeitig die Aufnahme israelischer Schriftsteller in ihre
Schulbücher zugesichert. Die ierungskrise spitzt sich im Juni
erneut zu. Am 21.6. reichen die vier Schas-Minister ihr Demissionsschreiben
ein. Am 22.6. jedoch treten die Meretz-Minister zurück und
ermöglichen Barak die »Rückführung«
von Schas in die Regierung. Mit dem Ausscheiden von Meretz besitzt
Barak nun die gleichen Koalitionspartner wie sein Vorgänger
Netanjahu am Ende seiner Amtszeit: Schas, die Nationalreligiösen
und Scharanskys Einwandererpartei. Im Vorfeld von Baraks
Teilnahme am Treffen in Camp David treten NRP, Einwandererpartei
und Schas am 9.7. aus der Koalition aus; auch Außenminister
Levy bleibt dem Treffen fern. Barak übersteht
am 10.7. ein Misstrauensvotum in der Knesset. Am 16.7. demonstriert
die politische Rechte mit einer Großdemonstration, an der
ca. 150000 Menschen teilnehmen, in Tel Aviv gegen die in Camp David
laufenden Friedensverhandlungen. Da Barak nach seiner Rückkehr
aus Camp David drei weitere Misstrauensanträge in der Knesset
übersteht, verbleibt ihm nun die dreimonatige Sommerpause,
um eine neue Mehrheit zu bilden. Am 2.8. tritt Außenminister
Levy zurück und wird durch den bisherigen Minister für
innere Sicherheit Schlomo Ben-Ami ersetzt; Ben-Ami,
der bereits seit längerem aktiv an den Verhandlungen mit den
Palästinensern teilgenommen hatte, ist jedoch nur amtierender
Außenminister, da ihm die Bestätigung durch die Knesset
fehlt. Als Barak, der über keine Mehrheit in der Knesset
verfügt und deshalb am 12.8. den Vorsitzenden der Meretz-Partei,
Sarid, ebenfalls zum amtierenden Erziehungsminister und den
Generalsekretär der Arbeitspartei, Ranaan Cohen, zum
amtierenden Arbeitsminister ernennt, wirft ihm die Opposition einen
Bruch der Verfassung vor. Am 21.8. tritt Kabinettschef Haim Mendel-Schaked
zurück, nachdem er die Vorgehensweise der Regierung kritisiert
hatte. Ende August fordert Barak die Palästinenser zum
Einlenken in der Frage über den künftigen Status von Jerusalem
auf; andernfalls wolle er eine grosse Koalition bilden und sich
verstärkt innenpolitischen Themen wie einer Verfassungsrefom,
einer Stärkung der säkularen Institutionen sowie Programmen
zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage sozial Schwacher zuwenden.
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