FWA
2001 Spalte 506f
In
seiner Ausgabe vom 8.11.1999 berichtet »Der Spiegel«
mit Bezug auf ein im Frühjahr erstelltes Geheimdossier des
deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND), Liechtenstein sei
eine der bedeutendsten internationalen Geldwaschzentralen und biete
dem organisierten Verbrechen eine logistische Basis für seine
Finanzgeschäfte. Liechtensteins Regierungschef Mario Frick
weist die Vorwürfe am 10.11. entschieden zurück. Am 22.12.
setzt Justizminister Heinz Frommelt den Oberstaatsanwalt
von Innsbruck, Kurt Spitzner, als Untersuchungsrichter ein
und stellt ihm eine Sonderkommission der österreichischen Kriminalpolizei
zur Seite. Spitzner kommt in seinem Bericht, der am 6.4.2000
der Öffentlichkeit vorgestellt wird, zu dem Ergebnis, Hinweise
für kriminelle Verflechtungen zwischen öffentlichen Stellen,
Justiz und Finanzmanagement lägen nicht vor. Individuellem
Fehlverhalten und kriminellen Machenschaften in einigen Fällen
müsse weiter nachgegangen werden. Am 13.5. und 17.5. lässt
Spitzner sechs Treuhänder und einen Politiker unter
dem Verdacht der Geldwäsche festnehmen, unter ihnen
einen Bruder des Wirtschaftsministers Rudolf Ritter sowie
den Rechtsanwalt und Parlamentsabgeordneten Gabriel Marxer
(Fortschrittliche Bürgerpartei/FBPL). Ins Blickfeld der Untersuchung
Spitzners gerät auch die Bank des Liechtenstein Global
Trust (LGT), die der Familienstiftung von Fürst Hans-Adam
II. gehört und von dessen Bruder, Prinz Philipp,
geleitet wird. Bei ihr werden Mitte Juni Unterlagen über fragwürdige
Millionentransfers beschlagnahmt und die Konten von 18 in- und ausländischen
Stiftungen gesperrt, die von den Treuhändern eingerichtet wurden,
gegen die ermittelt wird. Anlässlich der Vorlage seines Abschlussberichts
am 31.8. konstatiert Spitzner »eine neue Dimension
des Verbrechens«; er habe Hinweise auf eine weltweit organisierte
Wirtschaftskriminalität gefunden, die von Anklagebetrug bis
hin zu Drogengeldwäsche reiche. Eine nicht unbedeutende Rolle
spiele die russische organisierte Kriminalität.
Bei
seinem Besuch in Berlin am 25.1.2000 sagt Justizminister Frommelt
den deutschen Behörden Rechtshilfe bei der Aufklärung
verdeckter CDU-Konten zu, wenn ein solches Ersuchen gestellt
werde. Er bezieht sich dabei u.a. auf die Stiftung »Zaunkönig«
der hessischen CDU in Liechtenstein.
Auf
dem Finanzministertreffen der Europäischen Union (EU) am 28.2.
kritisiert der deutsche Finanzminister Hans Eichel seiner
Ansicht nach unfaire Praktiken des EU-Nichtmitglieds Liechtensteins,
das als »Made im Speck« von der europäischen Einkommensteuerpolitik
profitiere und sich bei der Verfolgung von Finanzvergehen nicht
kooperativ zeige. Liechtensteins Regierungschef Frick verwahrt
sich gegen die Kritik und kündigt zugleich verschärfte
Gesetzesbestimmungen an. Mitte März verabschiedet die Regierung
ein Maßnahmenpaket zur Verschärfung der Bestimmungen
gegen Geldwäsche; vorgesehen ist eine Anhebung des Strafmaßes
bei erwiesener Geldwäsche, die Verschärfung der Meldepflicht
sowie der Pflicht zur Überprüfung der Herkunft von Vermögenswerten
und die Überarbeitung des Rechtshilfegesetzes. Letzteres war
u.a. auch vom Genfer Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa,
der sich um die Aufklärung der europaweiten Elf-Aquitaine-Affäre
bemüht, im Januar 2000 gefordert worden. Auch Abgeordnete der
französischen Nationalversammlung, die sich Informationen über
Geldwäsche und Finanzkriminalität besorgen wollten, hatten
kritisiert, dass Liechtenstein Strafverfolgern unüberwindbare
Hindernisse in den Weg stellt.
Gemeinsam
mit 14 anderen Staaten befindet sich Liechtenstein auf einer
»schwarzen« Liste des Geldwäsche-Ausschusses
(Financial Action Task Force on Money Laundering, FATF) der Organisation
für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vom
22.6.2000; ihnen wird mangelnde Zusammenarbeit im Kampf gegen Geldwäsche
vorgeworfen. Die Finanzminister der G-7–Staaten drohen auf
ihrem Treffen im japanischen Fukuoka am 9.7. diesen Staaten Gegenmaßnahmen
an, »einschließlich der Möglichkeit, Finanztransaktionen
mit diesen Gebieten zu beschränken«.
Am
19.7.2000 gibt der Liechtensteiner Bankenverband bekannt, dass ab
Anfang 2001 die Einrichtung von anonymen Konten nicht mehr möglich
sein soll; eine entsprechende Gesetzesvorlage werde vorbereitet.
Bisher mussten die Treuhänder der über 80000 als Stiftungen
getarnte Briefkastenfirmen die Namen der Kunden nicht nennen.
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