FWA
2001 Spalte 583f
Es
kommt weiterhin zu Protesten militanter Jugendlicher im Niger-Delta
gegen die Ausbeutung der Rohstoffe ihrer Region. Die einheimischen
Gruppen fordern von den Ölkonzernen die Schaffung von Bildungseinrichtungen
und Arbeitsplätzen sowie Verbesserungen der Infrastruktur.
Immer wieder werden Mitarbeiter von Unternehmen entführt, kommen
aber meist nach wenigen Tagen frei. Im Südosten Nigerias gibt
es so gut wie keine Polizeigewalt. Die Region wird weitgehend von
bewaffneten Jugendgangs beherrscht. Dort wird etwa die Hälfte
der täglichen Ölfördermenge (rund 2 Mio. Barrel)
durch die Anlagen des Shell-Konzerns gewonnen. Die Region erzielt
mit ihren Erdöleinnahmen etwa 80% der Deviseneinnahmen des
Bundesstaats, besitzt jedoch landesweit die schlechteste Infrastruktur.
In den vergangenen Jahren haben die Ölkonzerne zahlreiche Hilfsprogramme
für die Region mitfinanziert. Doch ein Großteil ihrer
Kompensation verschwand in den Kassen der Zentralregierung.
Im
Oktober 1999 kommt es zu Anschlägen auf Ölförderanlagen
des niederländisch-britischen Ölkonzerns Shell, die die
Ölproduktion des Konzerns drosseln. Mitte März 2000 werden
vorübergehend rund 30 Shell-Angestellte als Geiseln genommen.
Die Entführer fordern die Asphaltierung der Straßen der
Umgebung durch den Konzern. 165 Geiseln des Shell-Konzerns,
die sich fünf Tage lang auf zwei Bohrstationen bei Port Harcourt
im Nigerdelta im Bundesstaat Bayelsa in der Gewalt von rund 30 bewaffneten
jugendlichen Geiselnehmern vom Stamm der Ijaw befanden, werden am
4.8.2000 freigelassen. Die Geiselnehmer hatten von der Ölfirma
Arbeitsplätze und eine »Kompensation« von umgerechnet
rund 10000 DM gefordert. Ein Lösegeld wurde nach Angaben des
Shell-Konzerns nicht gezahlt, um keine weiteren Geiselnahmen zu
provozieren. Dafür wurden für den 15.8. Gespräche
zwischen Shell und lokalen Führern im Nigerdelta vereinbart.
Bei
der Explosion einer Ölleitung im Ort Adeje am 10.7.2000
werden mehr als 250 Menschen getötet. Die Pipeline war angezapft
worden, um illegal Öl abzuschöpfen. Bereits am 23.3. starben
50 Menschen bei einem Pipelinebrand. Durch Nigeria verläuft
ein mehr als 5000 Kilometer langes Pipelinesystem. Die größtenteils
oberirdischen Leitungen werden von der Bevölkerung angebohrt
und das Mineralöl auf dem Schwarzmarkt abgesetzt.
Zurück
|