FWA
2001 Spalte 611f
Die
Grundsatzeinigung in Deutschland über die Schaffung eines Entschädigungsfonds
der deutschen Wirtschaft und des Staats für ehemalige Zwangsarbeiter
unter dem nationalsozialistischen Regime erhöht auch auf Österreich
den Druck, zu einer raschen Regelung zu kommen. Die Ende 1998 von
der Bundesregierung eingesetzte Historikerkommission, die sich mit
dem Gesamtkomplex »Vermögensentzug auf dem Gebiet der
Republik Österreich während der NS-Zeit« befasst,
veröffentlicht am 17.2.2000 eine Studie, derzufolge in der
damaligen Ostmark 992900 Menschen als Zwangsarbeiter eingesetzt
wurden; von ihnen seien heute noch 239000 am Leben. Der Anteil der
zivilen ausländischen Zwangsarbeiter an der Gesamtzahl der
Beschäftigten betrug 1943/44 bis zu 25,3%. Auf einer »Versöhnungkonferenz«
am 17.5.2000 in Wien erzielen die Regierungsbeauftragten Österreichs
und der USA, Maria Schaumayer und Stuart Eizenstat,
Einigung mit Delegationen ehemaliger Zwangsarbeiter aus Russland,
Weißrussland, Ukraine, Polen, Ungarn und Tschechien über
Entschädigungssummen: Sie liegen zwischen 105000 Schilling
(S) für so genannte Sklavenarbeiter und 20000 S für Zwangsarbeiter,
die in der Landwirtschaft eingesetzt wurden. Das Geld, das rd. 150000
Betroffenen zugute kommen soll und in der Gesamtsumme 6 Mrd. S beträgt,
soll durch einen Entschädigungsfonds aufgebracht werden,
der von Staat und Wirtschaft gefüllt werden soll. Die gesetzliche
Grundlage hierfür schafft der Nationalrat am 7.7. durch die
einstimmige Verabschiedung des Versöhnungsfondsgesetzes. Wie
in Deutschland machen zahlreiche Unternehmen ihre Bereitschaft zur
Einzahlung in den Fonds von der noch nicht abschließend geklärten
Rechtssicherheit abhängig, von weiteren Forderungen, vorgebracht
etwa in Form von Sammelklagen in den USA, verschont zu werden. Weil
in die Verhandlungen über den Fonds die Frage der Entschädigung
für enteigneten jüdischen Besitz ausgespart bleibt, reicht
der US-Anwalt Ed Fagan am 13.4. in New York eine Sammelklage
von Arisierungs- und Holocaust-Opfern gegen die Republik Österreich
und österreichische Unternehmen mit einer Entschädigungsforderung
in Höhe von 260 Mrd. S ein.
Zurück
|
|