FWA
2001 Spalte 673f
Am
12.8.2000 sinkt das atomgetriebene U-Boot Kursk wegen nicht genauer
benannter technischer Schwierigkeiten auf den Grund der Barentssee,
etwa 100 Seemeilen nordöstlich des Hafens Murmansk. Erst 48
Stunden später meldet die russische Marine das Unglück.
Sie versucht am 15.8. vergeblich, mit Rettungskapseln an die Ausstiegsluken
der in 108 Meter Tiefe liegenden Kursk anzudocken, um Überlebende
der 118 Mann Besatzung zu bergen. Erst am Tag darauf nimmt Russland
internationale Hilfe an. Die russische Marine teilt am 19.8. mit,
dass die gesamte Mannschaft der Kursk vermutlich tot sei. Erst jetzt
treffen britischen und norwegische Rettungteams am Unglücksort
ein. Nach 30-stündigem Einsatz finden sie am 21. August nach
Öffnung einer Einstiegsluke das U-Boot völlig überflutet
vor. Die russische Marine bestätigte am selben Tag offiziell
den Tod der 118 Seeleute.
Unklar
bleibt die Ursache der Katastrophe. Die russische Regierung beharrt
auf ihrer Version, der Untergang ihres modernsten U-Boots sei auf
eine Kollision mit einem fremden Schiff zurückzuführen.
Westliche Militärs gehen davon aus, dass zwei Torpedo-Explosionen
an Bord das Schicksal der Kursk besiegelten. Norwegische Seismologen
hatten am Unglückstag zwei Unterwasserexplosionen in der Barentssee
registriert.
Präsident
Putin, der erst nach scharfer Kritik an seiner Haltung am
18.8. aus dem Urlaub am Schwarzen Meer nach Moskau zurückkehrte,
ordnet am 22.8. für den folgenden Tag Staatstrauer an. Eine
für den 23. August geplante Trauerfeier am Unglücksort
in der Barentssee für die 118 toten Seeleute wird auf Bitten
der Angehörigen abgesagt. Sie hatten Putin bei einem
mehrstündigen Treffen in der Marinebasis Widjajewo, der Heimatbasis
der Kursk, am 22.8. aufgefordert, die Zeremonie aufzuschieben, bis
alle Besatzungsmitglieder geborgen seien. Die mehr als 400 Angehörigen
der Kursk-Opfer kritisierten bei dem Treffen mit dem Präsidenten
das Verhalten der russischen Führung in der Krise. Putin
wird in der russischen Presse wegen seines Verhaltens während
der U-Boot-Krise Führungsschwäche und Gefühllosigkeit
vorgeworfen. Auch die militärische Führung steht unter
Druck; der Verteidigungsminister hatte sich wiederholt in Widersprüche
bei der Darstellung des Unglücks verstrickt. Der nach Moskau
zurückgekehrte Putin erklärt am 23.8. in einer
Fernsehansprache, er übernehme die volle politische Verantwortung
für den Tod der Kursk-Besatzung. Gleichzeitig spricht er sich
dagegen aus, einzelne Personen der Militärspitze zu entlassen,
bevor der Hergang des Unglücks vollständig aufgeklärt
sei. Die angebotenen Rücktritte von Verteidigungsminister Igor
Sergejew, Marinekommandeur Wladimir Kurojedow und
Nordmeerflotten-Chef Wjatscheslaw Popow habe er deshalb abgelehnt.
Putin sichert den Familien der Opfer umfangreiche finanzielle
Hilfen zu. Erste Hinterbliebene erhalten am 25.8. Sparbücher
über ein Schmerzensgeld von 720000 Rubel (umgerechnet 57000
DM).
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