FWA
2001 Spalte 768ff
Das
seit dem Staatsstreich von 1989 bestehende Bündnis zwischen
Staatspräsident Omar Hassan al-Bashir und dem Chefideologen
und Generalsekretär des regierenden Nationalkongresses Hassan
at-Turabi zerbricht am Konflikt über die Strategien im
seit 1983 herrschenden Bürgerkrieg und der außenpolitischen
Einbindung des Regimes. Beim Parteikonvent des Nationalkongresses
im Oktober 1999 gelingt es at-Turabi, wesentliche Kompetenzen
an sich zu ziehen, und die Partei auf Verfassungsreformen einzuschwören.
Am 17.11. beginnt das Parlament mit den Beratungen über die
Vorlage, die insbesondere die Einführung eines Premierministers,
eine Entmachtung des Präsidenten mit ⅔-Mehrheit und
eine Direktwahl der Gouverneure vorsehen würde, die bislang
vom Staatschef ernannt werden. Am 12.12., kurz bevor das Parlament
über die Vorlage abstimmen muss, erklärt Präsident
al-Bashir einen dreimonatigen Ausnahmezustand, löst
per Dekret das Parlament auf und kündigt Neuwahlen für
einen unbestimmten Zeitpunkt an. Damit hat al-Bashir den
innenpolitischen Machtkampf gegen at-Turabi, der das Parlament
kontrollierte, zunächst für sich entschieden.
Neue Regierung
Präsident
al-Bashir versucht seit Jahresbeginn 2000, eine neue Regierungskoalition
unter Einschluss der Oppositionsparteien aus dem Norden des Landes
zu bilden, um damit zugleich seine Abhängigkeit von der islamischen
Volksbewegung zu reduzieren. Die am 24.1. neu ernannte Regierung
und die Liste der neuen Gouverneure umfasst freilich zunächst
nur Politiker des Nationalkongresses. Mit einer der beiden wichtigsten
Oppositionsparteien, der Umma unter dem Vorsitz des ehemaligen Premierministers
Sadek al-Mahdi, hatte der Staatschef bereits am 26.11.1999
eine Vereinbarung über eine demokratische und föderale
Verfassung sowie die »Beendigung des Bürgerkriegs«
unterzeichnet. al-Mahdi verlässt am 16.3.2000 offiziell
die in der Nationalen Demokratischen Allianz (NDA) zusammengeschlossenen
zivilen und militärischen Oppositionsgruppen aus dem Norden
und Süden des Landes, die eine nationale Versöhnungskonferenz
unter Einschluss aller politischen und militärischen Gruppen
als verbindlichen ersten Schritt für die Beendigung des Bürgerkriegs
ansehen. Die zweite wichtige nordsudanesische Oppositionspartei
Democratic Unionist Party (DUP) verweigert sich hingegen dem Werben
al-Bashirs. Mit den am 11.11. und erneut am 21.6. verkündeten
Amnestien sollen nicht die südsudanesischen Rebellen, sondern
die nordsudanesische Opposition für die Rückkehr nach
Khartum gewonnen werden. Während 25 Spitzenpolitiker der Umma
Anfang April aus dem Exil nach Khartum zurückkehren, wird zugleich
ein führender DUP-Repräsentant verhaftet und bereits zurückgegebener
Besitz von Oppositionsparteien erneut konfisziert. Am 13.3. wird
der Ausnahmezustand bis zum Jahresende 2000 verlängert. Da
at-Turabi offensichtlich über den Nationalkongress weiterhin
Einfluss auf die Regierung auszuüben versucht, wird er von
al-Bashir am 6.5. auch als Generalsekretär des Nationalkongresses
entlassen. Der Staatschef lässt zugleich alle Parteibüros
landesweit schließen. Nachdem at-Turabi am 26.6. auch
formell aus dem Nationalkongress ausgeschlossen wird, gründet
er am 27.6. eine eigene Partei, den Nationalen Volkskongress, um
die Idee einer islamischen Volksbewegung zu retten, die von al-Bashir
verraten worden sei. Zwei Minister reichen daraufhin ihre Demission
ein und treten zu at-Turabis Partei über.
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