FWA 99, Spalte 1027
Noch 1996, ja bis Anfang 1997 galten die aufstrebenden Schwellenl�nder Ost- und S�dostasiens mit ihrem enormen Wirtschaftswachstum weltweit als Vorbilder f�r die Entwicklung ehemals armer L�nder bis hin zum Status des Industriestaats. Der Internationale W�hrungsfonds (IWF) sprach noch 1996 vom �Wachstumspol� der Weltwirtschaft in S�dostasien. Aus den �vier kleinen Tigern� - Hongkong, Singapur, Rep. Korea, Rep. China (Taiwan) - entwickelten sich die �newly industrialized countries� (NIC) bzw. DAE-L�nder (�Dynamic Asian Economies�), zu denen au�er den genannten noch Thailand, Malaysia, Indonesien und schlie�lich die VR China und Vietnam gez�hlt wurden - alles L�nder, die Mitte der 90er Jahre Wachstumsraten der Wirtschaft von 7 % -10 % pro Jahr aufwiesen. Das Entwicklungstempo war so rasant, da� der IWF seit 1997 die Rep. Korea, die Rep. China (Taiwan), Hongkong und Singapur zur Gruppe der Industriel�nder (�advanced economies�) z�hlte.
Mitte 1997 kam, auch f�r die meisten Sachverst�ndigen �berraschend, die gro�e Krise mit rapidem W�hrungsverfall, Kursst�rzen an den Aktienb�rsen, Firmenzusammenbr�chen und Massenentlassungen. Mitte 1998, nach einem Jahr, wird die Krise sehr unterschiedlich bewertet. W�hrend einige Wirtschaftswissenschaftler vor einer Weltrezession warnen und vorhersagen, da� die s�dostasiatischen L�nder um Jahre zur�ckgeworfen werden, sprach der Vorsitzende des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft und Siemens-Chef Heinrich von Pierer von einem �ganz normalen Vorgang�, der sich in Wachstumsphasen immer wieder einmal ereigne und bald �berwunden sein w�rde. Tatsache ist jedoch, da� nach dem Stand von Mitte 1998 damit gerechnet werden mu�, da� einige asiatische Staaten f�r das Jahr 1998 einen beachtlichen R�ckgang des BIP aufweisen werden (Indonesien -8 %, Thailand -5 %, Rep. Korea -2 %, Malaysia -1 %) und andere wesentlich verringerte Wachstumsraten, verglichen mit bisherigen Prognosen, zeigen werden (z.B. Singapur, Hongkong, auch die VR China).
Versch�rft wird die Krise dadurch, da� das benachbarte Japan, zweitgr��te Wirtschaftsmacht der Welt, bereits 1996 / 97 in eine ernste Rezession geriet, die ebenfalls 1998 zu einem R�ckgang des Wirtschaftsergebnisses f�hren wird, so da� von hier aus kein Anschub- oder Mitzieheffekt zu erwarten ist.
Zur Ursache der Krise wird vor allem auf das Wort von der �bubble economy� verwiesen (bubble = Luftblase). Besonders in Thailand und Malaysia beruhte ein gro�er Teil des Investitionsbooms der letzten Jahre, vor allem auch der Baut�tigkeit, auf leichtfertig und ohne gen�gende Sicherungen gegebenen Krediten und auf spekulativer Aufbl�hung der Investitionst�tigkeit weit �ber die Nachfrage hinaus. Kredite waren im Vertrauen auf sozusagen automatisch anhaltende �berdurchschnittliche Zuwachsraten der Wirtschaft gegeben worden. 1997 brachen eine Reihe von asiatischen Banken zusammen, als diese �Luftblase� platzte und die Kredite nicht mehr getilgt werden konnten. Hinzu kam die massive �berbewertung der meisten ostasiatischen W�hrungen, die an den USDo llar gebunden waren. Mit zunehmender Aufwertung des Dollar gegen�ber den europ�ischen W�hrungen und dem japanischen Yen f�hrte diese Bindung zu wachsenden Leistungsbilanzdefiziten und zu einer immer bedrohlicher werdenden kurzfristigen Auslandsverschuldung. In Indonesien, Thailand und der Rep. Korea �bertraf sie 1997 die vorhandenen Devisenreserven.
Der W�hrungsverfall in Ost- und S�dostasien 1997
Ausl�ser der Krise war in den meisten F�llen das Platzen der �Spekulationsblase�, worauf sich eine Abw�rtsspirale in Gang setzte: Kursverluste der W�hrungen und der Aktien vieler Industrie- und Dienstleistungsbetriebe, Konkurse von Finanzinstituten, Wertverlust der W�hrungen im Inland (steigende Inflationsraten), Entlassungen von Arbeitskr�ften (Anstieg der Arbeitslosigkeit in Indonesien auf 22 %, in Thailand von 2 % auf 9 %), Verfall der Immobilienpreise und damit Verlust der �Sicherheit� f�r die gegebenen Kredite, K�ndigung von Krediten durch ausl�ndische Banken und allgemeiner Vertrauensverlust seitens der Investoren und Kreditgeber aus Europa und Nordamerika. Die Krise wurde dadurch versch�rft, da� sich die Regierungen zu wenig und zu sp�t um Schadensbegrenzung bem�hten. Insbesondere das Fehlen einer wirkungsvollen Bankenaufsicht, wie sie in Europa selbstverst�ndlich ist, wird den Regierungen zur Last gelegt. In Indonesien kam als weiteres, die Krise versch�rfendes Moment hinzu, da� sich aus dem wirtschaftlichen Niedergang ein letztlich erfolgreicher Kampf weiter Bev�lkerungskreise gegen den seit langem unbeliebten Diktator Suharto und seine G�nstlingswirtschaft entwickelte.
Zur Bek�mpfung der Krise dienten vor allem Kredite des IWF, die an wirtschafts- und finanzpolitische Reformen gekn�pft waren. Ihre Wirksamkeit und die Auswirkungen der Krise auf die Weltwirtschaft werden bisher sehr unterschiedlich beurteilt. Allgemein rechnet man aber f�r 1998 mit einem um 0,5 - 1,5 % -Punkte verringerten Weltwirtschaftswachstum, vor allem aufgrund stark reduzierter Kaufkraft der Bev�lkerung, zum Stillstand gekommener Investitionst�tigkeit und damit ganz erheblich verminderter Importe der ost- und s�dostasiatischen L�nder. Bef�rchtet wird auch ein ��berschwappen� der Krise auf die noch nicht betroffenen L�nder der Region, vor allem wegen der starken Au�enhandelsverflechtungen. Japan (das rund 40 % seiner G�ter in diesen Raum exportiert) und Australien sind L�nder, in denen die Krise heftige Auswirkungen haben d�rfte, w�hrend f�r Europa und USA nur eine wesentlich geringere Betroffenheit vorhergesagt wird. Entscheidend wird insbesondere sein, ob es gelingt, die chinesische W�hrung stabil zu halten und den chinesischen Wirtschaftsaufbau wie geplant durchzuf�hren; ferner ob Japan in den n�chsten Jahren zu seiner fr�heren Rolle als �Zugpferd� der Region zur�ckfinden wird. Wie stark die deutsche Wirtschaft inzwischen in Ostasien engagiert ist, zeigt das Beispiel Siemens: Der Konzern verf�gt 1998 in der Region �ber 60 Werke mit 50 000 Besch�ftigten und erzielt ein Gesch�ftsvolumen von 18 Mrd. DM.
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