FWA 99, Spalte 401
Eine am 1.10. 1997 von der serbischen Polizei gewaltsam aufgel�ste Demonstration von 20 000 Studenten in Pristina, die gr��te Protestaktion in der Provinz seit 1989, bildet den Auftakt f�r die Versch�rfung der Konfrontation zwischen der serbischen Zentralgewalt und der Separatistenbewegung der ethnischen Albaner (rund 90 % der Bev�lkerung des Kosovo), die Ibrahim Rugova seit 1992 als gew�hlter, von Belgrad jedoch nicht anerkannter Pr�sident der �Republik Kosova� vertritt; er ist Vorsitzender gem��igten Demokratischen Liga Kosovo (LDK) und propagiert einen gewaltfreien Kurs. Bei den Pr�sidenten- und Parlamentswahlen der �Republik Kosova� am 21.3. werden die 130 Abgeordneten der Volksvertretung gew�hlt (14 sind der serbischen Minderheit, die die Wahlen boykottiert, vorbehalten); Amtsinhaber Rugova, der einzige Pr�sidentschaftskandidat, erh�lt 99% der Stimmen. Am 16.7. konstituiert sich in Pristina das am 21.3. gew�hlte Parlament; nach dem Amtseid Rugovas l�st die serbische Polizei die Versammlung auf.
Mehrere zu einem aktiveren Widerstand gegen die Serben als Rugova entschlossene Parteien und Verb�nde schlie�en sich am 21.11. in Pristina zum B�ndnis Demokratisches Forum zusammen. Die 1966 gegr�ndete Befreiungsarmee des Kosovo (UCK) proklamiert am 30.11. den Kampf gegen die serbische Herrschaft. Sie r�stete sich im Fr�hjahr 1997 teilweise mit Best�nden der gepl�nderten Depots der albanischen Armee aus. Im Kleinkrieg schafft sie in den n�chsten Monaten ausgedehnte �befreite Gebiete� s�dlich von Pristina.
Angesichts eines m�glichen �bergreifens des Konflikts auf benachbarte Staaten unterbreiten der franz�sische und der deutsche Au�enminister dem jugoslawischen Pr�sidenten Ende November 1997 ein Vermittlungsangebot mit dem Vorschlag, dem Kosovo einen Sonderstatus innerhalb der SRJ einzur�umen. Milosevic weist die Initiative als Einmischung in innere Angelegenheiten zur�ck. W�hrend auch weitere internationale Versuche scheitern, durch einen Dialog der Konfliktparteien die Situation zu entsch�rfen, er�rtern die politischen F�hrungen in den Staaten und Institutionen der EU, der NATO und der OSZE, ob und mit welchem Mandat eine internationale milit�rische Intervention im Kosovo erfolgen sollte. Am 4.3. 1998 erkl�rt der US-Sondergesandte f�r den Balkan, Robert Gelbard, gegebenenfalls seien die USA zum milit�rischen Eingreifen bereit.
Anfang M�rz beginnt serbische Sonderpolizei eine Gro�offensive gegen die UCK, in deren Verlauf sie in der Region Drenica in zwei D�rfern Massaker mit mehreren Dutzend Todesopfern anrichtet; Tausende von Menschen ergreifen die Flucht. Kosovo-Pr�sident Rugova ruft am 6.3. den UN-Sicherheitsrat auf, den Kosovo unter �internationalen Schutz� zu stellen, um beginnenden �ethnischen S�uberungen� durch Serbien Einhalt zu gebieten.
Am 9.3., erneut am 25.3. 1998, verbinden die Au�enminister der sog. Bosnien-Kontaktgruppe (Ru�land, USA, Frankreich, Gro�britannien, Italien, Deutschland) ihre Forderung an die SRJ, einen Dialog mit der politischen F�hrung der Kosovo-Albaner aufzunehmen, mit wirtschaftlichen Sanktionen bzw. Sanktionsandrohungen, die von den EU-Staaten nach Ablauf des vierw�chigen Ultimatums am 27.4. in Kraft gesetzt und am 8.6. versch�rft werden. Der UN-Sicherheitsrat verh�ngt am 1.4. ein Waffenembargo gegen Jugoslawien. Die von Serbien zwischenzeitlich angebotenen zweiseitigen Gespr�che lehnt Rugova ab, der die Einbeziehung eines internationalen Vermittlers fordert, den Serbien nicht akzeptiert.
Nach Vermittlungsbem�hungen des US-Sondergesandten Richard Holbrooke einigen sich Milosevic und Rugova am 15.5. auf Verhandlungen ohne Vorbedingungen, aber �mit Hilfe� der USA. Um ihre Bereitschaft zu demonstrieren, gegebenenfalls auch ohne UN-Mandat in den Kosovo-Konflikt milit�risch einzugreifen, h�lt die NATO am 15.6. mit Einverst�ndnis Mazedoniens und Albaniens, aber gegen den Protest Ru�lands, Luftman�ver �ber den dem Kosovo benachbarten Staaten ab. Zusagen Milosevics dem russischen Pr�sidenten Boris Jelzin am 16.6. in Moskau gegen�ber, u.a. k�nftig auf Gewalt gegen die Zivilbev�lkerung im Kosovo zu verzichten, halten die NATO-Partner f�r unglaubw�rdig bzw. unzureichend, zumal die serbischen Sondereinheiten nicht abgezogen werden sollen, solange die UCK aktiv ist. Diese kontrolliert inzwischen etwa 15 % des Kosovo und wichtige Stra�enverbindungen. Zur Vorbereitung einer Waffenruhe f�hrt Holbrooke Ende Juni 1998 in Pristina erstmals Gespr�che mit radikalen politischen F�hrern der Kosovo-Albaner und mit Vertretern der UCK.
Eine internationale Beobachterkommission, bestehend aus in Belgrad akkreditierten Diplomaten aus neun Staaten, nimmt am 6.7. im Kosovo ihre Arbeit auf.
Die UCK ruft am 20.7. alle Albaner, auch die B�rger Albaniens und die ethnische Minderheit in Mazedonien, zum bewaffneten Kampf f�r die Errichtung eines eigenen unabh�ngigen Staates auf.
Im Zuge einer Gro�offensive jugoslawisch-serbischer Einheiten zwischen Mitte und Ende Juli fallen mehrere Schl�sselstellungen der UCK. Trotz der Zusicherung von Pr�sident Milosevic, die K�mpfe am 30.7. einzustellen, wird die systematische Eroberung der von der UCK kontrollierten Gebiete im August fortgef�hrt.
Der Hohe Kommissar f�r Fl�chtlinge UNHCR bef�rchtet am 31.7. eine humanit�re Katastrophe in der Folge des Kosovo-Konflikts. Etwa 200 000 Menschen seien auf der Flucht.
Der f�r Menscherechte im US-Au�enministerium zust�ndige Abteilungsleiter John Shattuck berichtet Anfang August 1998: �Wir haben entsetzliche Verst��e gegen die Menscherechte und gro�e Zerst�rungen als Vergeltungsma�nahmen gesehen.�
Die von Rugova auf Druck der USA hin ernannte Verhandlungsdelegation der Kosovo-Albaner unter Leitung von Fehmi Agana erkl�rt am 4.9., sie seien nicht bereit, Gesp�che �ber eine politische L�sung des Konflikts aufzunehmen. Voraussetzung f�r Verhandlungen sei, da� die serbischen Sicherheitskr�fte ihre milit�rischen Operationen gegen die Zivilbev�lkerung im Kosovo einstellen. Milosevic hatte sich zwischenzeitlich bereit erkl�rt, der Provinz einen h�heren Grad von Autonomie als vor ihrer Anbindung an Serbien im Jahr 1989 zu gew�hren. Nach einer �bergangsfrist von f�nf Jahren soll einer unabh�ngigen serbischen Zeitung zufolge eine Volksabstimmung �ber eine Gleichstellung mit Serbien und Montenegro stattfinden.
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