Vom 1.
Januar 2005 an gilt auf allen Bundesautobahnen (BAB)
eine streckenbezogene Maut für inländische
und ausländische Lastkraftwagen (LKW) ab zwölf
Tonnen zulässigem Gesamtgewicht. Betroffen sind
1,2 bis 1,4 Millionen Fahrzeuge, davon ein Drittel aus
dem Ausland. Das Bundesamt für Güterverkehr
(BAG)
hat am 15. Dezember 2004 die Betriebserlaubnis für
das Mautsystem erteilt.
Die Maut beträgt je nach Größe
und Achszahl des LKW zwischen neun und 14 Cent pro Kilometer.
Der Bund erwartet für 2005 Einnahmen von 3 Mrd.
Euro. Abzüglich der Betriebskosten verbleiben für
Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur 2,4 Mrd.
Euro. Davon sollen 1,2 Mrd. Euro in die Bundesfernstraßen
fließen, 910 Mio. Euro in das Schienennetz und
290 Mio. Euro in Wasserstraßen. Bei Verstößen
wird die Gebühr nacherhoben und ein Bußgeld
verhängt, das im Wiederholungsfall bis zu 20.000
Euro betragen kann.
Nutzerfinanzierung
des Autobahnbaus
Mit der Einführung der Maut nimmt die Bundesrepublik
einen Wechsel von der Steuerfinanzierung hin zu einer
Nutzerfinanzierung des Autobahnbaus vor. Auch soll eine
verursachergerechtere Anlastung der Wegekosten erreicht
werden, da insbesondere schwere LKW hohe Kosten für
den Erhalt und Betrieb von Autobahnen verursachen (ein
»40-Tonner« belastet die Straßendecke
etwa 60.000 mal stärker als ein PKW). Die Maut
dient der Sicherung der Finanzierung des weiteren Ausbaus
und der Unterhaltung der Verkehrsinfrastruktur. Sie
soll zudem einen Anreiz zu einer ökologisch sinnvollen
Verlagerung des Gütertransports auf die Verkehrsträger
Schiene und Wasserstraße schaffen.
Probleme
mit dem System
Die LKW-Maut sollte ursprünglich bereits am 1.
September 2003 eingeführt werden. Wegen gravierender
technischer Mängel musste das Betreiberkonsortium
Toll
Collect (bestehend aus den Unternehmen Deutsche
Telekom, DaimlerChrysler und Cofiroute) den Start zweimal
verschieben, ohne sich auf einen verbindlichen Zeitplan
festlegen zu können. Nach Verstreichen eines Ultimatums
des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags und
der Ablehnung eines Angebots von Toll Collect, den Vertrag
im Hinblick auf Leistungen, Termine und Haftungsfragen
zu ändern, kündigte Bundesverkehrsminister
Manfred Stolpe am 17. Februar 2004 den Mautvertrag und
nahm Gespräche mit den Anbietern alternativer Systeme
auf. Am 29. Februar erzielte Bundeskanzler Gerhard Schröder
mit den Vorstandschefs der Deutschen Telekom und von
DaimlerChrysler einen Kompromiss, der die Kündigung
hinfällig machte. Die Verschiebung des Maut-Starts
verursachte im Verkehrsetat 2004 eine Deckungslücke
von 2,1 Mrd. Euro. Sie wurde im Wesentlichen geschlossen,
indem die Deutsche Bahn zu einer vorzeitigen Kreditrückzahlung
an den Bund veranlasst und Toll Collect zu Vertragsstrafen
und Schadenersatzzahlungen herangezogen wurden.
Das Mautsystem geht zunächst
in einer einfacheren Version in Betrieb. Die Vollversion
soll 2006 folgen. Probleme bereitet noch der schleppende
Einbau der automatischen Erfassungsgeräte (so genannte
On-Board Units, kurz Obus) in die Lastwagen. Dadurch
kann es zu Verkehrsstaus kommen. Ursprüngliches
Ziel war es, mit 500.000 Geräten zu starten. Nach
einer Prognose von Toll Collect sind bis zum Jahreswechsel
aber erst 300.000 LKW mit einem Bordcomputer ausgerüstet.
Die anderen LKW müssen über das Internet oder
am Automaten eingebucht werden. Besonders französische
Transportunternehmen sind beim Einbau der Obus sehr
zurückhaltend, weshalb in der Anfangsphase vor
allem an den deutsch-französischen Grenzübergängen
mit Staus gerechnet wird. Toll Collect setzt zusätzliche
5200 Helfer ein, die den Fahrern von LKW ohne Bordcomputer
bei der manuellen Maut-Bezahlung zur Hand gehen.
Streit
um Schadenersatz
Wegen der Startprobleme fordert Bundesverkehrsminister
Stolpe von den Toll Collect-Eigentümern DaimlerChrysler,
Deutsche Telekom und Cofiroute Schadenersatz und Vertragsstrafen
in Höhe von 4,6 Milliarden Euro. Stolpe wirft Toll
Collect vor, er sei über die zeitliche Verzögerung
des Projekts getäuscht worden. Ein Telekom-Sprecher
erklärte, man halte »an der bekannten Rechtsauffassung
fest«. Danach sieht das Unternehmen keine Grundlage
für den geforderten Schadenersatz, weil es für
die Verzögerungen monatliche Strafzahlungen leistet.
Ebenso äußerte sich DaimlerChrysler. Den
Streit zwischen dem Bund und den Toll Collect-Eigentümern
um Schadenersatz für den verspäteten Maut-Start
soll ein Schiedsgericht klären.
Links:
-
Bundesamt für Güterverkehr (BAG): www.bag.bund.de
-
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
www.bmvbw.de
-
Toll Collect: www.toll-collect.de
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