Seit
dem Start des ersten künstlichen Erdsatelliten,
des sowjetischen Sputnik 1 im Jahre 1957, sind rund
5400 Satelliten in erdnahe Umlaufbahnen gebracht worden.
Davon sind zurzeit etwa 600 bis 700 funktionsfähig.
Die übrigen sind entweder abgestürzt und in
der Atmosphäre verglüht, oder rasen, gehalten
von der Schwerkraft, als so genannter Weltraummüll
um die Erde. Hinzu kommen noch etwa 13.000 mit Radar
oder optischen Methoden feststellbare und überwachte
Schrottteile mit mehr als zehn Zentimeter Größe
- insbesondere ausgebrannte Raketen- oder Satellitenteile.
Außerdem umkreisen Schlackepartikel aus Feststoffraketenmotoren
sowie geschätzte 66.000 Flüssigmetalltropfen,
die ausgediente sowjetische Satelliten in den 1980er
Jahren bei der Abstoßung ihrer Reaktorkerne freisetzten,
den erdnahen Weltraum. Experten schätzen die Zahl
unerwünschter Flugobjekte insgesamt auf rund 330
Millionen. Durch die hohe Geschwindigkeit der umherfliegenden
Teile werden sie zur massiven Gefahr für die bemannte
und unbemannte Raumfahrt, denn bei einem Zusammenstoß
entfaltet schon ein Teil von der Größe einer
Murmel die Energie einer Handgranate.
Die US-amerikanischen Spaceshuttle-Missionen
mussten in der Vergangenheit häufig Ausweichmanöver
fliegen, und mindestens einmal im Jahr wird die im Aufbau
befindliche Internationale Raumstation (ISS) angehoben,
um nicht von Weltraumtrümmern getroffen zu werden.
Es ist inzwischen üblich, dass in erdnahen Umlaufbahnen
stationierte Satelliten eine Extramenge Treibstoff mitführen,
die ausschließlich dazu dient, während der
Betriebsdauer notwendige Ausweichmanöver durchzuführen.
Auf der von der Europäischen
Weltraumagentur (ESA)
in ihrem Raumflugkontrollzentrum ESOC in Darmstadt organisierten
vierten Europäischen Konferenz über Weltraummüll
vom 18. bis 20. April 2005 erörterten über
200 Experten aus aller Welt Möglichkeiten eines
langfristigen Schutzes der wirtschaftlich bedeutsamen
erdnahen und geostationären Umlaufbahnen (»LEO«
und »GEO«) und der Entsorgung des kosmischen
Mülls. Wissenschaftler wiesen darauf hin, dass
ohne bindende Gesetze für alle Satellitenbetreiber
und Raumfahrtgesellschaften das Problem des Weltraumschrotts
nicht zu lösen ist. Da jahrelange Bemühungen,
im Rahmen den Vereinten Nationen (UN) ein Vertragswerk
durchzusetzen, bislang erfolglos blieben, betreiben
Wissenschaftler aufwändige Forschungen zum Schutz
von Satelliten und bemannten Raumfahrzeugen vor den
kosmischen Geschossen. So wurde etwa für Columbus,
das europäische Forschungslabor der ISS, ein mehrlagiger
Schutzschild aus Aluminium und Kevlar entwickelt -
wirksam allerdings nur gegen Teile bis zu etwa einem
Zentimeter Größe.
Inzwischen haben verschiedene Weltraumnationen
auch die Bedeutung erkannt, die der Vermeidung von Weltraummüll
zukommt. Die Großen unter ihnen haben mittlerweile
beschlossen, aus den im Orbit kreisenden Raketenoberstufen
den Treibstoff abzulassen und Batterien ausgedienter
Satelliten zu entladen, um die Explosionsgefahr und
damit das Risiko der Entstehung neuer gefährlicher
Bruchstücke zu reduzieren. Nicht mehr gebrauchte
oder funktionsuntüchtige Satelliten sollen »entsorgt«
werden - entweder durch einen kontrollierten Absturz
oder ihre Verlagerung auf einen »Satellitenfriedhof«
in hohen Umlaufbahnen, wo sie keine Gefahr mehr darstellen.
Entsprechende Regelwerke zur Vermeidung der Entstehung
von Weltraummüll haben neben der ESA auch die Weltraumorganisationen
der USA und Japans, NASA und JAXA, aufgestellt -
auf Basis des Entwurfs des Interinstitutionellen Koordinierungsausschusses
für Weltraummüll (IADC)
aus dem Jahr 2002. (MvB)
Weiterführende Links:
Europäische
Weltraumorganisation (ESA)
ESOC
4.
Europäische Konferenz über Weltraummüll
Interinstitutioneller
Koordinierungsausschuss für Weltraummüll
IADC
Space Debris Mitigation Guidelines (PDF, in Englisch)
UN-Ausschuss
für die friedliche Nutzung des Weltraums
|
|