Auf der 5. Ministerkonferenz im
mexikanischen Cancún vom 10. bis 14.9.2003 wollen
die Handels- und Wirtschaftsminister der 146 Mitgliedstaaten
der Welthandelsorganisation (WTO)
einen Durchbruch in den Verhandlungen um eine Verringerung
der Agrarsubventionen und um eine Liberalisierung der
Dienstleistungsmärkte erzielen. Die Aufnahme der
laufenden Verhandlungsrunde, die bis zum 1.1.2005 abgeschlossen
sein soll, war auf der 4. Ministerkonferenz in Doha
(Katar) im November 2001 beschlossen worden.
Gründung
Die WTO (World Trade Organization)
wurde am 15.4.1994 in Marrakech (Marokko) als Nachfolgeorganisation
des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens GATT
(General Agreement on Tariffs and Trade) von 1947 gegründet
und trat am 1.1.1995 in Kraft. Sie hat heute 146 Mitglieder:
145 Vertragsstaaten und die Europäischen Gemeinschaften
(EG), vertreten durch die Kommission der Europäischen
Union (EU). Beobachterstatus haben 30 Staaten, darunter
Russland und Saudi-Arabien. Mit diesen Ländern
müssen innerhalb von fünf Jahren Beitrittsverhandlungen
aufgenommen werden (Ausnahme: Vatikanstadt). Saudi-Arabien
wird voraussichtlich Anfang 2004 WTO-Mitglied.
Ziele und Aufgaben
Die WTO soll die internationalen
Handelsbeziehungen innerhalb bindender Regelungen organisieren,
Handelspraktiken überprüfen und für eine
effektive Streitschlichtung bei Handelskonflikten sorgen.
Ihr obliegt die Weiterverfolgung der GATT-Prinzipien:
Gegenseitigkeit (die handelspolitischen Leistungen,
die sich die GATT-Signatare gegenseitig einräumen,
müssen gleichwertig sein), Liberalisierung (Abbau
von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen)
und Meistbegünstigung (Zoll- und Handelsvorteile,
die sich zwei GATT-Mitglieder gegenseitig einräumen,
sollen allen Unterzeichnerstaaten zugute kommen).
Hauptorgane
Oberstes Beschlussorgan der
WTO ist die Ministerkonferenz (bisher 1996, 1998, 1999
und 2001). Ein Generalrat aus Experten aller Mitgliedstaaten
für die Arbeit zwischen den Ministerkonferenzen
fungiert auch als Streitschlichtungsgremium DSB
(Dispute Settlement Body) und auch als Organ zur Überprüfung
von Handelspraktiken. In der Ministerkonferenz und im
Generalrat gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Unterorgane
sind
- (1.) der Rat für Warenhandel
(GATT-Rat),
- (2.) der Rat für Handel
mit Dienstleistungen GATS
(General Agreement on Trade in Services) und
- (3.) der Rat für handelsbezogene
Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums TRIPS
(Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights).
Das Generalsekretariat am Sitz
der WTO in Genf untersteht einem Generaldirektor. Dieses
Amt wird seit September 2002 vom Thailänder Supachai
Panitchpakdi bekleidet.
Der DSB verfügt über kein eigenes Gericht. Verstößt
ein Staat gegen das GATT, kann der dadurch verletzte Staat
(oder eine Organisation wie die EU im laufenden "Stahlstreit"
mit den USA) die Einsetzung eines unabhängigen "Panels"
durch den Allgemeinen Rat beantragen, das seine Rechtsauffassungen
in einem "Bericht" dem Rat vorlegt. Dieser kann
die Einsetzung des Panels wie auch den "Bericht"
nur einstimmig ablehnen (dasselbe gilt für das Berufungsorgan,
das die Streitparteien darüber hinaus anrufen können).
Auf diesem Weg als verfassungswidrig festgestellte Maßnahmen
sind aufzuheben.
Bisherige Zollsenkungsrunden
Seit 1947 wurden im Rahmen
des GATT acht Zollsenkungsrunden durchgeführt.
Bis 1964 ging es um bilaterale Zollsenkungen, die aufgrund
der Meistbegünstigung automatisch auch den übrigen
Signataren zugute kamen. Seit der 6. Runde 1964-67 (Kennedy-Runde)
wurden multilaterale Verhandlungen über "lineare"
Zollsenkungen geführt (d.h., derselbe Prozentsatz
wird für möglichst viele Tarifpositionen verwendet),
in der 7. Runde 1973-79 (Tokio-Runde) zusätzlich
über die Beseitigung nichttarifärer Handelshemmnisse,
sog. Non-tariff-barriers = zollumgehende Schranken,
wie z.B. technische Normen oder Hygienevorschriften,
Einfuhr- und Zulassungsbestimmungen, Subventionierung
einzelner Branchen - wie Landwirtschaft und Textil -
sowie Anti-Dumpingmaßnahmen. Ging es in
den bisherigen Runden im wesentlichen nur um den Zollabbau
und eine tendenzielle Angleichung/Absenkung der Zölle
bei Industriegütern (von durchschnittlich 40 Prozent
auf 4,7 Prozent), wurden in die 8. Runde (Uruguay-Runde;
1986-93) eine Reihe neuer Bereiche, wie die Liberalisierung
des Agrar- und Textilbereichs und der Dienstleistungen
sowie der Schutz geistigen Eigentums im Handel, aufgenommen
und ein weiterer Zollabbau um durchschnittlich 38 Prozent
vereinbart.
Seit der ersten Ministerkonferenz
(1996) wurden Abkommen zur Liberalisierung in den Bereichen
Telekommunikation, Informationstechnologie und Finanzdienstleistungen
(Banken-, Versicherungs- und Wertpapierdienste) geschlossen.
Internet: www.wto.org
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