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Der Atomwaffensperrvertrag
 

Die internationale Kontrolle der Atomwaffentechnologie beruht vorrangig auf dem Atomwaffensperrvertrag von 1968. Er trat 1970 in Kraft und verbietet den Nichtkernwaffenstaaten die atomare Rüstung, sichert ihnen aber zugleich Hilfe bei der zivilen Nutzung der Kerntechnik zu. Die nukleare Bedrohung ist mit dem Kalten Krieg nicht verschwunden; sie hat stattdessen Formen angenommen, die der Politik weniger zugänglich sind als der klassische Ost-West-Konflikt. Eine Reihe von Staaten strebt nach Atomwaffen und das internationale Kontrollsystem zeigt deutliche Schwächen.

Die Atomwaffenstaaten
Die fünf »ursprünglichen Atomwaffenstaaten« - das heißt, die Staaten, die vor dem 1. Januar 1967 Atomwaffen hergestellt oder gezündet haben - sind die USA (erster Einsatz 1945), die Sowjetunion (erste Versuchsexplosion 1949), Großbritannien (1952), Frankreich 1960) und China (1964). Neu hinzugekommene Atommächte sind Indien und Pakistan (beide seit 1974). Israel entwickelte in den 1970er Jahren ein Kernwaffenprogramm und kann zu den Atommächten gezählt werden, auch wenn es seine Kapazitäten offiziell nie zugab. Experten gehen davon aus, dass Israel über rund 300 Atomsprengköpfe verfügen könnte. Der Irak und Libyen haben ihre Programme inzwischen eingestellt. Südafrika, das nach eigenen Angaben sechs Atombomben hergestellt hatte, gab sein Programm in den 1990er Jahren auf. Argentinien und Brasilien verständigten sich 1991 auf die Beendigung ihrer geheimen Kernwaffenprogramme.

Nach Angaben des Internationalen Instituts für Strategische Studien IISS (The Military Balance 2003/2004) verfügt Russland über 8626 Atomwaffen (3190 auf Trägern mit langer Reichweite und 5436 auf Trägern mit kürzerer Reichweite), die USA über 7094 (1120/5974), China über 410 (260/150) und Frankreich über 348 (338/10). Großbritannien besitzt 185 Atomsprengköpfe auf Trägern mit langer Reichweite (Interkontinentalraketen, Flugzeuge).

Der Vertrag von 1968/70
Der Atomwaffensperrvertrag von 1968, offiziell Vertrag zur Nichtverbreitung von Atomwaffen (Non-Proliferation Treaty/NPT) genannt, ist das wichtigste internationale Abkommen zur Kontrolle von Nuklearwaffen. Er trat 1970 in Kraft und verbietet die Weitergabe von Atomwaffen und atomwaffenfähigem Material. Nach Artikel 3 des Vertrags soll die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) sicherstellen, dass die Nichtkernwaffenstaaten kein spaltbares Material zum Bau von Atombomben abzweigen oder aus anderen Ländern beschaffen. Artikel 6 verpflichtet die Vertragsparteien, baldmöglichst Verhandlungen über die Einstellung des atomaren Wettrüstens und die nukleare Abrüstung aufzunehmen sowie einen Vertrag über die allgemeine und vollständige Abrüstung abzuschließen. Die Einhaltung des Vertrags wird von der IAEA überwacht.

Dem NPT gehören heute 189 Staaten an, darunter auch die ehemaligen Atomwaffenschwellenländer Argentinien und Brasilien, der frühere Atomwaffenstaat Südafrika sowie Kasachstan, die Ukraine und Weißrussland als »nukleare Erben« der Sowjetunion. Von den Staaten mit Atomwaffenkapazitäten sind nur Indien, Pakistan und Israel nicht beigetreten; Nordkorea trat dem Atomwaffensperrvertrag 1985 bei, vollzog aber 2003 den Austritt (siehe unten).

Die Laufzeit des Vertrags betrug zunächst 25 Jahre; auf der Überprüfungskonferenz (RevCon) der Vertragsparteien 1995 in Genf wurde er zeitlich unbegrenzt und ohne Bedingungen verlängert. Am Ende der RevCon 2000 in New York sagten die fünf offiziellen Atommächte (USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China) eine völlige Beseitigung ihrer Arsenale zu - allerdings ohne Terminangabe. Bislang sind diesbezüglich keine Fortschritte erkennbar. Die nächste turnusgemäße Konferenz findet im Mai 2005 statt. Sie wird von Vorbereitungskonferenzen der Vertragspartner geplant, die sich ein Mal pro Jahr treffen. Das letzte Vorbereitungstreffen fand im April/Mai 2004 in New York statt; es scheiterte jedoch wie alle vorangegangenen.

Das Zusatzprotokoll von 1997
Die Unterzeichnerstaaten des NPT sind zwar verpflichtet, sich in regelmäßigen Abständen den von der IAEA durchgeführten Kontrollen auf Vertragseinhaltung zu unterwerfen. Da diese Kontrollen aber angemeldet werden und sich zudem nur auf solche Anlagen richten, die die Vertragsstaaten freiwillig zur Kontrolle anbieten, ist die Aufdeckung eines Vertragsverstoßes fragwürdig. Um ein wirksameres Mittel der Überprüfung zu erhalten, wurde der NPT 1997 durch ein Zusatzprotokoll ergänzt, das den Inspektoren die Möglichkeit gibt, kurzfristig angesetzte Kontrollen in beliebigen Anlagen durchzuführen. Es erweitert die Informationspflicht auf Forschung und Industrie. Auch zur Beseitigung radioaktiver Abfälle, über den Handel mit Gütern im Nuklearbereich sowie Planungen für künftige Atomprogramme müssen die Unterzeichner des Protokolls Auskunft erteilen. Zweck des Systems ist, den Missbrauch ziviler Atomprogramme für militärische Zwecke wirksamer zu verhindern. Das Zusatzprotokoll ist allerdings erst für rund 40 Staaten in Kraft. Weder die USA noch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) haben es bisher ratifiziert. Der Iran unterzeichnete das Protokoll im Dezember 2003; Libyen folgte im März 2004.

Aktuelle Krisen
Der NPT war lange Zeit einigermaßen erfolgreich. Zwar existieren mit Indien, Pakistan und Israel drei weitere Atommächte, die dem Vertrag nie beigetreten sind, aber immerhin haben die Vertragspartner Argentinien, Brasilien und Südafrika ihre Atomwaffenprogramme offiziell beendet. Die Atomrüstung des Irak konnte 1990/1991 noch durch den Golfkrieg beendet werden, auch der Anfang 2004 bekannt gewordene Schmuggel geheimer Nukleartechnologie nach Nordkorea, Iran und Libyen in den Jahren 1989 bis 2000 durch pakistanische Atomforscher sowie der von Libyen Ende 2003 erklärte Verzicht auf sein Atomwaffenprogramm waren ein Erfolg - doch zugleich zeigten diese Fälle, dass es über Jahre möglich gewesen war, unbemerkt solche Programme durchzuführen. Das hat auch der Iran lange Zeit getan, weshalb die Beteuerungen seiner Regierung, Kernwaffen nicht zu wollen, mit Skepsis zu betrachten sind. Gefahr droht auch durch das globale Terroristennetzwerk, dessen Strategie den Einsatz von Massenvernichtungswaffen zumindest nicht ausschließt. Auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion lagern große Mengen unzureichend geschützten angereicherten Urans. Außerdem verschwanden aus irakischen Atomeinrichtungen seit dem Einmarsch der US-geführten Truppen im Frühjahr 2003 spezielle Präzisionsgeräte, die auch zum Bau von Atomwaffen benutzt werden könnten. Der Generaldirektor der IAEA, Mohamed el-Baradei, warnte mehrfach vor einem internationalen atomaren Schwarzmarkt und äußerte die Befürchtung, Atomwaffen könnten »in die Hände von Diktatoren oder Terroristen« fallen.

Hinter den aktuellen Krisen steht ein grundsätzliches Problem: Eine zunehmende Zahl von Entwicklungs- und Schwellenländern will die Kernenergie für zivile Zwecke nutzen. Der NPT erlaubt ihnen, den Brennstoff dafür selbst herzustellen, mittels Anreicherung von Uran oder durch Recycling benutzter Brennstäbe - eine Technik, die sich allerdings auch für militärische Zwecke nutzen lässt. Brisanz erhielt der NPT im Januar 2003 durch den Austritt von Nordkorea. Zuvor hatte der kommunistische Staat angekündigt, sein Atomprogramm zur friedlichen Nutzung wieder aufzunehmen. Dies führte zu weltweiter Kritik, vor allem seitens der USA. Nordkorea gab als Begründung für seinen Austritt an, dass die USA ihre Verpflichtungen zu einem Abbau der nuklearen Bedrohung einseitig aufgegeben hätten und die IAEA für die Interessen der USA instrumentalisiert werde. Sechs-Parteien-Gespräche sollten die Lösung bringen: China, Japan, Russland, Südkorea und die USA versuchten Nordkorea zu bewegen, sein Atomprogramm aufzugeben. Als Gegenleistung sollte das Land Sicherheitsgarantien und Hilfe bei der Stromversorgung erhalten. Zudem forderten die 137 Mitgliedstaaten die Generalversammlung der IAEA Nordkorea in einer am 24. September 2004 einstimmig angenommenen Resolution auf, Inspektoren zur Kontrolle seines Atomprogramms ins Land zu lassen. Falls Nordkorea ein Atomwaffenprogramm verfolge, solle es dieses »sofort, nachvollziehbar und unwiderruflich offen legen«.

Auch der Iran, dem insbesondere die USA vorwerfen, hinter dem zivilen Atomprogramm den Bau von Atomwaffen zu verbergen, will an seinen Plänen zur Anreicherung von Uran für zivile Zwecke ohne Abstriche festhalten, wie der im obersten nationalen Sicherheitsrat für die Außenpolitik zuständige Hossein Musawian am 16. Oktober 2004 im staatlichen iranischen Fernsehen feststellte. Vorschläge Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens zur Lösung des seit langem schwelenden Atomstreits lehnte die iranische Führung bisher ab. Diese sahen im Kern vor, dem Iran wirtschaftliche und technische Unterstützung zu gewähren, wenn die islamische Republik im Gegenzug ihr Vorhaben der Urananreicherung aufgibt. Bereits am 18. September 2004 hatte der IAEA-Gouverneursrat den Iran in einer Resolution aufgefordert, bis zum 25. November 2004 alle rüstungsrelevanten Nuklearaktivitäten, vor allem die Urananreicherung, aufzugeben und rückhaltlos zu kooperieren; sollte dies nicht zur vollen Zufriedenheit der IAEO geschehen, werde über weitere Schritte entschieden. Gemeint ist mit dieser Formulierung, dass dann der UN-Sicherheitsrat über Sanktionen gegen den Iran entscheiden soll. Eine zusätzliche Brisanz erhält die Auseinandersetzung durch die offenkundige Bereitschaft Israels, das Nuklearprogramm des Iran mit gezielten Militärschlägen auszuschalten. 1981 hatte die israelische Luftwaffe die Baustelle eines Atomreaktors im Irak zerstört, um den Bau von Atomwaffen zu verhindern.

Wie Nordkorea und der Iran bleibt derzeit auch Brasilien auf Konfrontationskurs mit der IAEA. Inspektoren der Organisation erhalten weiterhin keinen Zugang zu Zentrifugen für die Urananreicherung. Brasilien hat wiederholt betont, sein Nuklearprogramm diene rein zivilen Zwecken.

Link:
Internationale Atomenergiebehörde (IAEA): www.iaea.org
Wortlaut des Atomwaffensperrvertrags (in Englisch) als PDF

Stichwort: Massenvernichtungswaffen

 

 



Atomwaffensperrvertrag
(in Englisch als PDF 25 KB)
Quelle

 

 

 

 

 

 


www.iaea.org

   
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